Presse-Archiv 2002

Für viele Sozialhilfeempfänger fängt mit "Hilfe zur Arbeit" ein neues Leben an

Wieder an sich glauben

06.08.2002

Darmstadt-Dieburg - Langeweile, Unterforderung, gesellschaftliche Isolation und der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit sind für die weitaus meisten Sozialhilfeempfänger der Antrieb, an einem Beschäftigungsprogramm teilzunehmen. Nur knapp jeder zehnte rafft sich erst auf Druck des Sozialamtes dazu auf. Dieses Bild ergibt sich aus der jüngsten Studie der "Fachstelle Beschäftigungsförderung" des Landkreises, die 144 Männer und Frauen jeweils sechs bis zwölf Monate nach Ablauf ihrer Qualifizierungsmaßnahme unter anderem zu Motivation, Zufriedenheit und persönlichen Erfahrungen befragt hat.
Zum Zeitpunkt der Erhebung gehen mehr als fünfzig Prozent der Absolventen einer festen Arbeit oder einer Ausbildung nach. Allgemein gilt schon eine Quote von 30 Prozent als guter Wert. In dem deutlich überdurchschnittlichen Ergebnis sieht Landrat Alfred Jakoubek die Darmstadt-Dieburger Strategie bestätigt: "Es gelingt uns offenbar, Potenziale anzuregen und die Leute so zu aktivieren, dass sie wieder an sich glauben und ihren Weg machen." Dabei bringen die Teilnehmer meist eher ungünstige Voraussetzungen mit: rund 50 Prozent Haupt und Sonderschüler, 42 Prozent ohne Ausbildung, ein Großteil ohne ausreichende Sprachkenntnisse und über die Hälfte in der - nicht eben leicht zu vermittelnden - Altersgruppe von 36 bis 50 Jahren. Im Training für den Job können viele Lücken geschlossen werden. Die Kreisverwaltung setzt dabei unter anderem auf individuelle Förderpläne, persönliche Betreuung und maßgeschneiderte Angebote von einem halben Jahr bis zu 18 Monaten Dauer mit hohem Fort- und Weiterbildungsanteil auf zahlreichen, sehr unterschiedlichen Arbeitsfeldern wie in der Hauswirtschaft, Kinderbetreuung und Pflege, in Büro und Verwaltung, im Recycling, Renovieren und Sanieren. Schulungen in kompakten Einheiten ermöglichen viele kleine Erfolgserlebnisse, die das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit stärken. Anreize, zum Beispiel ein höherer Zuschuss, wenn die Führerscheinprüfung auf Anhieb klappt, stacheln den Ehrgeiz an. Selbst Deutschkurse laufen nicht nach Einheitsschema ab. Wer etwa Kranke betreut, lernt andere Fachausdrücke als jemand aus dem handwerklichen Zweig. Diese differenzierte Betreuung beurteilen die "Hilfe zur Arbeit" Teilnehmer überwiegend mit "sehr gut" oder "gut". Im Schnitt lediglich drei Prozent äußern sich unzufrieden. Noch mehr Beistand bei der Stellensuche wünschen sich 38 Prozent, 40 Prozent möchten auf die vertrauten Ansprechpartner gern auch nach dem Ende der Beschäftigungsmaßnahme zurückgreifen. Die Ergebnisse der Evaluation lässt der Landkreis in die Praxis einfließen.
Kritik und Anregungen werden genutzt, um noch besser auf die Bedürfnisse der Klienten einzugehen. Eine Konsequenz beispielsweise war die Einrichtung von Außenposten des Sozialamtes bei den Arbeitsämtern in Darmstadt und Dieburg, die sich exklusiv um Rat suchende Sozialhilfeempfänger kümmern. Dieses Angebot wird lebhaft wahrgenommen. Seine Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung hat der Landkreis nun bereits zum dritten Mal seit 1995 aus Sicht der Teilnehmer bewerten lassen. Darmstadt-Dieburg verfüge damit über die qualitativ und quantitativ weitreichendste Wirkungskontrolle solcher Maßnahmen in Hessen, betont Landrat Jakoubek. Da der Fragebogen anonym ausgefüllt wird, können die Betroffenen schonungslos ihre Meinung äußern. Gerade deshalb freuen sich Organisator Jürgen Dörsam und sein Team über die Vielzahl persönlicher Kommentare, die von tief greifenden Veränderungen zeugen: "Das Programm Arbeit statt Sozialhilfe hat mein ganzes Leben positiv verändert. Ich bin froh und dankbar."

db

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