Presse-Archiv 2002
Flurbereinigungsverfahren für B 26-neu nach 25 Jahren zu Ende
Asphaltschlange wirbelt Grenzen durcheinander
09.10.2002
Darmstadt-Dieburg - Seit 1981 rauscht der Verkehr über die Bundesstraße 26 und die Betonpiste zeigt längst Verschleißspuren - jetzt endlich ist das Flurbereinigungsverfahren, das für den Bau der autobahnähnlichen Verbindung zwischen Darmstadt und Dieburg eingeleitet werden musste, formal abgeschlossen. Es hat gut 25 Jahre gedauert. 55 Hektar Land nahm die neue Trasse einschließlich des Abzweigs zur Bundesstraße 45 in Anspruch, in Mitleidenschaft gezogen wurde jedoch die zehnfache Fläche. Auf genau 569 Hektar Wald- und Feldgebiet in den Gemarkungen Dieburg, Groß-Zimmern, Groß-Umstadt/Semd und Münster Altheim erstreckte sich das im Juni 1977 eingeleitete Flurbereinigungsverfahren. Keine Grenze blieb, wie sie vorher war. Mehr als 300 Grundstückseigentümer waren betroffen, Tausende Grenzsteine wurden neu gesetzt. Die Umverteilung gelang streitfrei und für die Besitzer ohne Einbußen durch Tausch und Kauf. Auf 1,1 Millionen Mark summieren sich die Kosten für "gemeinschaftliche und öffentliche Anlagen", etwa die Herrichtung von Wirtschaftswege und die Gestaltung von Wassergräben. Dafür kam zum Großteil der Bund auf. Groß-Zimmern, Groß-Umstadt und vor allem Dieburg beteiligten sich mit rund 110.000 Mark und sorgten so auch dafür, dass betroffene private Grundstückseigner keine Flurbereinigungsbeiträge zahlen mussten. Für den Landstrich war die "Bodenreform" nicht von Schaden, ist Vermessungsoberrat Uwe Knoth von der zuständigen landrätlichen Hauptabteilung überzeugt. Im Gegenteil, die Agrarstruktur sei nachhaltig verbessert, der Freizeit- und Erholungswert erheblich gesteigert und dazu der Naturschutz aufgewertet worden. Davon profitierten Landwirte ebenso wie Radler und Spaziergänger. Die Teichanlage "Forsteckweiher" am Dieburger Stadtrand, inzwischen ein beliebtes Ausflugsziel, ist im Zuge der Flurbereinigung überhaupt erst entstanden. Das Kleingartengelände in Dieburg erhielt einen grünen Saum, der Hehnisgraben und andere kleine Fließgewässer ein naturnahes Bett. Für Streuobstwiesen wurden rund 400 Bäume angeschafft, sechs Feldholzinseln mit Büschen und Bäumen, mehrere Heckenzüge von insgesamt 1200 Meter Länge als Windschott und zur Bereicherung des Landschaftsbilds angelegt. Ingesamt 3,5 Kilometer neue geschotterte oder asphaltierte Feldwege, die auch für moderne landwirtschaftliche Maschinen taugen, ersetzten Schlagloch durchsetzte Holperstrecken. Der letzteTeil des Flurbereinigungsverfahrens spielte sich, von der Öffentlichkeit unbemerkt, auf administrativer Ebene ab. Etwa seit 1992 fielen im wesentlichen nur noch amtsinterne Arbeiten an; man hatte das Liegenschaftskataster zu aktualisieren, das Grundbuch zu berichtigen, Abrechnungen zu schreiben. Ein Schlussfeststellung genannter Verwaltungsakt markiert nun das Ende des Verfahrens. Uwe Knoth packt die Akten zusammen.
In dreißig Ordnern und auf etlichen Plänen ist alles lückenlos dokumentiert. Sämtliche Unterlagen gehen in den nächsten Tagen an das Hessische Staatsarchiv, für die Nachwelt. Auf Schmalspur jedoch ziehen sich die Begleiterscheinungen des Straßenbauprojekts noch weiter in die Zukunft. Erst wenn das letzte Darlehen abbezahlt ist, kann sich die ganz am Anfang gebildete Teilnehmergemeinschaft, der alle betroffenen Grundstückseigentümer angehören, auflösen. Das ist voraussichtlich im Jahr 2016 der Fall. Der ehrenamtliche Vorstand des Gremiums wurde vor kurzem "entlassen". Seine verbliebenen Aufgaben übernimmt die Stadtverwaltung Dieburg. Parallel geht die Verantwortung von der Flurbereinigungsbehörde auf die Kommunalaufsicht des Landrats über.
db