Presse-Archiv 2002
Recyclingbetrieb Azur schont die Umwelt, schafft Arbeit und erfreut Bastler
Resterampe und Sprungbrett zugleich
30.08.2002
Darmstadt/Mühltal - Ein Scherblatt für den Rasenmäher, die Batterieklappe fürs Telefon, ein Bullauge für die Waschmaschine, Kleinteile für Atari Computer oder Stichsäge - für ein paar Cents findet man beim kreiseigenen Recyclingbetrieb "Azur" in Mühltal fast alles, was defekte Altgeräte wieder in Schwung bringt, aber im Einzelhandel und oft selbst beim Hersteller nicht mehr zu bekommen ist. Auch Plattenspieler, der aktuelle Nostalgie-Hit, und regelrechte Juwelen wie Braun-Mixer und Klapptoaster, antiquierte Lampen, Ventilatoren oder Messgeräte gehören zum umfangreichen Sortiment der Resterampe. Doch "Azur" ist mehr als ein Dorado für Bastler und Sammler. Landrat Alfred Jakoubek spricht dem Unternehmen sogar einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen zu: "Hier verbinden sich Service für die Bürger, Umweltschutz und Arbeitsmarktpolitik in einem beispielhaften Projekt."
Der Betrieb bietet Sozialhilfeempfängern ein Sprungbrett ins Berufsleben. 21 Personen, darunter fünf Frauen, sind zurzeit dort beschäftigt. Ihre Arbeitsverträge laufen jeweils über 18 Monate. Angeleitet von einem Elektromeister und einem Elektrotechniker und betreut von einer Sozialpädagogin können sie in diesem Zeitraum Fachkenntnisse erwerben, ihre Fertigkeiten ausbauen, sich persönlich stabilisieren und damit ihre Vermittlungschancen erheblich verbessern. Je nachdem, wo Lücken bestehen, werden ihnen verschiedene Qualifzierungsmöglichkeiten eröffnet, beispielsweise Kurse in technischem Deutsch, EDV, Gabelstaplerfahren, Gefahrstoffkunde oder Arbeitssicherheit. Es gibt ein Bewerbungstraining, manche machen den Führerschein oder absolvieren ein Praktikum, anderen hilft die Rückenschule, ihre körperliche Belastbarkeit zu erhöhen. In der vor sechs Jahren eingerichteten Azur-Zentrale in Mühltal/Nieder Ramstadt wird Elektro- und Elektronikschrott aus dem ganzen Landkreis gesammelt, zerlegt, sortiert und den unterschiedlichen Materialien entsprechend an Verwertungsstellen weitergeleitet. Gut erhaltene Haushaltsgeräte landen in der seit rund zwei Jahren bestehenden Reparaturwerkstatt in Alsbach Hähnlein, werden dort instand gesetzt und mit Garantie an sparsame Menschen und Sozialhilfeempfänger verkauft. So trägt Azur mit dazu bei, dass die Müllgebühren vergleichsweise günstig bleiben und Darmstadt-Dieburg mit einem Pro-Kopf-Aufkommen von 6,1 Kilogramm Elektroschrott bereits im Jahr 2001 den Zielwert der Europäischen Union für 2005 - 6 Kilo - überschritten hat.
Berge ausrangierter Sachen durchlaufen den Recyclingbetrieb: im vorigen Jahr insgesamt mehr als 1.400 Tonnen Sammelgut, darunter rund 11.300 Fernsehapparate und Monitore, 8.800 Trockner, Wasch- und Spülmaschinen sowie 3.700 Herde, 430 Tonnen Kleingeräte und Computer, 23 Tonnen Staubsauger und 8,5 Tonnen Leuchtstoffröhren.
db