Presse-Archiv 2002
Gehörlosigkeit ist kein Handicap mehr bei Behördengängen
Kreis finanziert Gebärdendolmetscher
21.05.2002
Darmstadt-Dieburg - Damit sich Gehörlose bei Behördenbesuchen problemlos verständigen können, finanziert der Landkreis ab sofort den Einsatz von Gebärdendolmetschern. In neuen Richtlinien hat der Kreisausschuss jetzt festgelegt, dass die Kosten unabhängig vom Einkommen und dem jeweiligen Anliegen der Betroffenen übernommen werden, wenn sie die Hilfe eines "Übersetzers" in Anspruch nehmen beispielsweise um einen Antrag zu stellen. Selbst für Widerspruchsverfahren gilt die Zusage. Dabei ist ihnen frei gestellt, einen professionellen Gebärdensprachdolmetscher oder eine Vertrauensperson aus dem Verwandten- oder Bekanntenkreis ins Landratsamt mitzubringen. Je nach Vorbildung erhalten die fingerfertigen Kommunikationsvermittler eine Vergütung von bis zu 40 Euro pro Stunde. "Diese Regelung ist in Hessen einmalig und geht deutlich über die rechtlichen Vorschriften hinaus", sagt Landrat Alfred Jakoubek. Zur Kostenübernahme verpflichtet ist der Landkreis lediglich, wenn es um Sozialleistungen wie Wohngeld, Ausbildungsförderung, Sozial- oder Jugendhilfe geht, und dies auch erst, seit die Novelle des Sozialgesetzbuches IX vor knapp einem Jahr erstmals einen entsprechenden Anspruch einführte. Auf anderen Gebieten sind zum Beispiel Krankenkassen, Arbeitsamt oder Landeswohlfahrtsverband gefordert. Dennoch bleiben rein rechtlich etliche Themenfelder, für die Kommunalverwaltungen zuständig sind, weiterhin ausgeklammert. Diese Einschränkung macht Darmstadt-Dieburg nicht. Die Dolmetscherregelung gilt deshalb auch für das Umweltamt oder die Bauaufsicht, für Denkmalschutz, Abfallwirtschaft oder Straßenverkehrsbehörde und alle anderen zur Kreisverwaltung gehörenden Abteilungen. Darüber hinaus werden die Kosten übernommen, wenn gehörlose Eltern Gespräche in Bezug auf Erziehung, Schulbesuch oder Gesundheit ihrer (hörenden) Kinder führen wollen. "Wir möchten Gehörlose in allen Lebensbereichen gleichstellen", betont Jakoubek. Der Landrat war bereits vor der Gesetzesänderung vom Gehörlosenverein Darmstadt und Umgebung für die Handicaps beim Umgang mit Behörden sensibilisiert worden und hat mit Frank Schäfer, dem Beauftragten für Behindertenangelegenheiten, eine großzügige Lösung entwickelt. Dabei soll so wenig Bürokratie wie möglich anfallen. Zentrale Kontaktstelle für den Einsatz von Gebärdendolmetschern ist das Sozialamt, das Betroffene per Telefon 06151/881 1190, FAX 06151/881 1690 oder unter der E-mail Adresse service@da.ladadi.de erreichen können.
db