Presse-Archiv 2002
Tiere leiden unter höchst gradigen Deformationen und Entzündungen
Ziegen in erbärmlichem Zustand
02.08.2002
Darmstadt-Dieburg - Gesundheitsschäden von teilweise extremem Ausmaß weisen die 133 Ziegen auf, die das Veterinäramt - wie berichtet - vor einer Woche (am 25. Juli) auf einem "Gnadenbrothof" im vorderen Odenwald gegen den massiven Widerstand der Besitzerin beschlag nahmt hat. Bei ersten Untersuchungen wurden schwerste chronische Schäden an Klauen und Gelenken festgestellt.
Zahlreiche Tiere können sich aufgrund von Deformationen und Entzündungen kaum noch fortbewegen, humpeln, kriechen, sind teilweise außerstande, sich aufzurichten. "Die Befunde sind noch weitaus schlimmer, als wir erwartet hatten", sagt Dr. Christa Wilczek, die stellvertretende Leiterin des Veterinäramts. Die Tiere befänden sich in einem erbärmlichen Zustand. Durch fachkundige Behandlung versucht man jetzt, möglichst viele von ihnen zu retten und die Voraussetzungen für ein wenigstens einigermaßen artgemäßes Leben zu schaffen.
Alle beschlagnahmten Ziegen sind mit der so genannten Moderhinke infiziert, einer höchst ansteckenden, im fortgeschrittenen Stadium äußerst schmerzhaften Krankheit, bei der sich das Horn an den Zehen allmählich zersetzt. An ihrem derzeitigen Aufenthaltsort befinden sich die Tiere deshalb außer Kontaktweite zu anderen Viehbeständen. Weil notwendige Pflegemaßnahmen unterblieben oder nicht fachgerecht ausgeführt wurden, sind zudem die Klauen der Ziegen verwachsen, teilweise höchst gradig verformt und zu Klumpfüßen oder Stelzen degeneriert. Diese Beeinträchtigungen haben vielfach bereits massive Gelenkschäden hervorgerufen. Weil sie sich vor Schmerzen nicht auf den Beinen halten, oft ohnehin nur schräg und schief stehen können, rutschen die betroffenen Tiere zur Entlastung auf den abgewinkelten Vorderläufen. Dies wiederum führt zu extrem dicken Schwielen. Bei einer Reihe von Böcken und Ziegen wurden auch noch starke Hautveränderungen an Brust, Bauch und Flanken festgestellt, deren Ursache noch abzuklären ist.
Als besonders erschütternd beschreibt die Amtstierärztin den Anblick eines Lämmchens, das nur noch über eine Klaue verfügt. Die anderen Beinen sind verkürzt und enden in Stümpfen. Nach Angaben der Eigentümerin handelt es sich dabei um ihre "Hausziege mit Stammplatz auf der Couch". Tatsächlich aber war das Geschöpf von Behördenmitarbeitern hilflos im Gelände vorgefunden worden. Wegen der Schwere der Tierschutzverstöße muss die Frau mit einem Strafverfahren rechnen. Es ist nicht beabsichtigt, ihr die Ziegen zurückzugeben.
db