Presse-Archiv 2002

Bezirksversammlung Süd kritisiert Land als unsolidarisch

Landkreise bluten finanziell aus

03.09.2002

Mühltal - Den Landkreisen in Hessen stehen längerfristig schwierige Zeiten bevor. Nach den aktuellen Eckdaten für den Landeshaushalt 2003 fließen aus dem kommunalen Finanzausgleich im nächsten Jahr rund 160 Millionen Euro weniger in ihre Kassen. Diese "dramatische Situation" war zentrales Thema der jüngsten Arbeitstagung der Bezirksversammlung Süd des Hessischen Landkreistages auf der Burg Frankenstein. Diesem Gremium gehören die Landräte, hauptamtlichen Kreisbeigeordneten und Kreistagsvorsitzenden von sieben Landkreisen an (Vogelsberg, Wetterau, Groß-Gerau, Offenbach, Darmstadt-Dieburg, Odenwald und Bergstraße). Unter dem Vorsitz des Odenwälder Landrates Horst Schnur und des Gastgebers, Landrat Alfred Jakoubek (Darmstadt-Dieburg), stellten der geschäftsführende Direktor des Landkreistages, Dr. Hans-Peter Röther, und sein Stellvertreter, Gerrit Kaiser, die ernüchternden Zahlen vor. So sinken die den Kommunen zustehenden Schlüsselzuweisungen des Landes im nächsten Jahr um 9,5 % und damit auf das Niveau des Jahres 1992. Hinzu kommen erhebliche Einbrüche bei der Kreis und Schulumlage und eine erhöhte Abführung an den Landeswohlfahrtsverband.
Dadurch verschlechtert sich beispielsweise der Odenwaldkreis voraussichtlich um insgesamt mehr als 2,5 Millionen, der Landkreis Darmstadt-Dieburg sogar um rund 7,2 Millionen Euro.
Angesichts dieser düsteren Perspektive zeigen die Kreisspitzen durchgängig kein Verständnis für die Absicht des Hessischen Finanzministers, dem kommunalen Finanzausgleich 2003 zum dritten Mal in Folge 51 Millionen Euro mit der Begründung zu entziehen, die kommunale Ebene müsse einen Beitrag leisten zu den Belastungen, die dem Land aus der Steuerreform entstehen. Wie Schnur und Jakoubek als Sprecher der Runde feststellen, ignoriere das Land damit, dass sich die Situation inzwischen grundlegend verändert habe. Nachdem schon der erstmalige Zugriff im letzten Jahr auf nicht überzeugende Argumente gestützt worden sei, lasse die Landesregierung jetzt jegliche Zeichen der Solidarität mit der kommunalen Ebene vermissen. Einen derart schwerwiegenden Eingriff, der ein weiteres finanzielles Ausbluten der Kreise, Städte und Gemeinden billigend in Kauf nehme, habe es in der Geschichte des Landes Hessen so noch nicht gegeben, sind sich beide Landräte sicher. Umso entschiedener und nachhaltiger müsse diesem Vorhaben der kommunale Protest entgegen gesetzt werden. Auch den Vorschlag des Finanzministers, den hessischen Investitionsfonds um 200 Millionen Euro zu erleichtern und den Betrag zu gleichen Teilen dem kommunalen Finanzausgleich und dem Land gut zu schreiben, lehnt der Landkreistag ab. Zwar sollen nach der Abschöpfung aus dem verbleibenden, bei der Hessischen Landesbank eingelegten Fondsvermögen kommunale Investitionsdarlehen weiterhin in seitherigem Maße bedient werden können, dennoch wehren sich die Landräte gegen die gleichgewichtige Aufteilung der Fondsentnahme. Schnur und Jakoubek weisen nämlich darauf hin, dass der Investitionsfonds zu knapp 80 % aus kommunalem Geld und nur zu gut 20 % vom Land gespeist worden sei. Demzufolge könne das Land bei der angestrebten Entnahme auch nur den entsprechenden Anteil beanspruchen. Die vorgesehene Aufteilung hingegen erwecke den Eindruck, als wolle sich das Land seine Idee von den Kommunen auch noch bezahlen lassen. "Mit einer solchen Masche werden Grundlagen der seitherigen Zusammenarbeit über Bord geworfen," kritisieren die beiden Landräte.
Die Bezirksversammlung befasste sich auch mit den bisherigen Ergebnissen der Aufgabenreform des Landes innerhalb der staatlichen Abteilungen der Landratsämter. Hier klaffen nach Ansicht des Landkreistages Anspruch und Wirklichkeit deutlich auseinander. Theoretisch bestehende Entscheidungsfreiräume der Landräte würden in der Praxis durch eklatanten Personalmangel ad absurdum geführt. Ohne den verstärkten Einsatz kommunaler Bediensteter ließe sich in vielen Bereichen schon lange kein geordneter Geschäftsbetrieb gewährleisten. Ein adäquater Kostenausgleich oder eine angemessene Personalausstattung durch das Land bleibt deshalb Kernforderung des Landkreistages.

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