Presse-Archiv 2003
Landkreis startet projektorientierte Schulsozialarbeit
Zum Lernen gehört mehr als Pauken
09.05.2003
Darmstadt-Dieburg - Projektorientierte Schulsozialarbeit bereichert vom
kommenden Schuljahr an das bisher weitgehend auf Wissensvermittlung ausgelegte Angebot der weiterführenden Schulen im Landkreis. Zum Auftakt stellte Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries das außergewöhnliche Konzept, das vom Hessischen Sozialministerium als "vorwärts weisende Kooperationsform" gelobt und als Modellprojekt gefördert wird, jetzt den Kontaktlehrern der 26 betroffenen Schulen vor.
Kern der Initiative ist es, Fähigkeiten und Eigenschaften zu fördern, die vor lauter Leistungsdruck zu kurz kommen, beispielsweise Mut, Toleranz und Respekt, Vertrauen, Verantwortungsbewusstsein und ein positives Selbstwertgefühl. In bedarfsgerechten Projekten will die Jugendförderung des Kreises zu sammen mit den Schulen soziales Lernen in den Alltag der jungen Menschen integrieren. Im Unterschied zu anderen Ansätzen versteht man sich nicht vorrangig als Feuerwehr für einzelne "schwierige" Kinder, sondern setzt auf eine lang fristig angelegte Unterstützung aller Schüler. Diese Form der Prävention wertet auch die PISA-Studie als beste Benachteiligtenförderung. Für die Schulsozialarbeit hat der Kreis das Team der Jugendförderung von sechs auf zehn Fachkräfte verstärkt. Aufbauend auf langjähriger Erfahrung mit - im Wortsinn - ansprechenden pädagogischen Methoden, die sich vom klassischen Schulunterricht deutlich abheben, haben die Sozialarbeiter Projektvorschläge zu verschiedenen Themen wie Gewaltprävention, Stresskontrolle oder Berufswahl entwickelt. Aus diesen Bausteinen können die Schulen auswählen. Es können aber auch gemeinsam Angebote maßgeschneidert werden, wenn sich aufgrund der jeweiligen Umstände ein besonderer Bedarf erweist. Ein festes Korsett für Dauer, Zeiten, Instrumente und Zusammensetzung der Gruppen ist nicht vor gegeben. Es kann also in der Klasse ebenso wie in freien Gruppen, in kompakten Blöcken oder über mehrere Wochen hinweg, unterrichtsbegleitend oder da von losgelöst agiert werden. Kreisjugendpfleger Werner Franz betont, dass es sich bei der Jugendarbeit nicht um "schmückende Begleitmusik" handelt. Sie sei vielmehr eine notwendige Ergänzung der Lerninhalte um das "Fach" Alltagskompetenz. Lehrkräfte und Sozialpädagogen arbeiteten dabei auf gleicher Augenhöhe zusammen. Als Beispiele für mögliche Projekte der Schulsozialarbeit nennt Franz erlebnispädagogische Seminare wie Balancieren im neuen Hochseilgarten am Kreisjugendheim, um die eigenen Grenzen kennen zu lernen, oder medienpädagogische Aktionen wie die Produktion eines Lokalmagazins, wobei Jugendliche üben, ihre Anliegen - etwa im Hinblick auf Freizeitmöglichkeiten am Ort - in Form von Videoreportagen auszudrücken und zu vertreten. Denkbar seien auch Maßnahmen zur beruflichen Orientierung, bei denen sich Jugendliche nicht ihre Schwächen, sondern ihrer Qualitäten bewusst werden, hautnah den Werdegang eines Azubis verfolgen, Handwerksmeister oder Personalchefs interviewen und dadurch viel schlauer werden als bei trockenen Beratungsgesprächen in irgend einem Büro. Mehr Informationen stehen in einer neuen Broschüre der Jugendförderung, die bei der Servicestelle des Landkreises erhältlich ist (06151/8811011).
db