Presse-Archiv 2004

Anfragen-Rekord bei Erziehungsberatungsstellen

Viel Stoff für Zoff

29.07.2004

Darmstadt-Dieburg - Immer mehr Eltern wenden sich mit ihren Nöten und Sorgen an die Erziehungsberatung des Landkreises. Mit 1052 Fällen verzeichneten die beiden Anlaufstellen in Pfungstadt und Groß-Umstadt im vorigen Jahr einen neuen Nachfragerekord. Mit Abstand häufigster Beweggrund waren Schwierigkeiten, die aus der Trennung von Vater und Mutter resultierten. Die meisten "Kummerkinder" gehören bei den Jungen zur Altersgruppe der Sechs- bis Zwölfjährigen, Töchter werden für Erwachsene vor allem im Alter von 12 bis 15 zu rätselhaften Wesen.

Wenn die Erziehungsberechtigten mit ihrem Latein am Ende sind, ergreifen zumeist die Mütter (72 Prozent) die Initiative und holen sich professionelle Hilfe. Abhängig vom jeweiligen Anliegen beziehen die Fachleute dann oft Partner und Kinder in Gespräche oder Therapie ein. In den meisten Fällen genügen bis zu vier Treffen, um Perspektiven für ein harmonischeres Zusammenleben zu erarbeiten und den Impuls für Veränderungen zu geben. Lösungs- und kurzzeitorientiert nennt Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries das Beratungskonzept: Man gibt Anstöße, damit die Beteiligten ihren weiteren Weg selbständig gehen können. Wer strauchelt, kann jederzeit erneut Kontakt aufnehmen. Den unterschiedlichen Problemlagen entsprechend, stehen dort vielfältig qualifizierte Teams bereit: Psychologen und Sozialarbeiter mit Zusatzausbildungen unter anderem in Gesprächs- und systemischer Familientherapie, Gestaltungspsychologie, Psychomotorik und Hypnotherapie für Kinder und Jugendliche.

Außer individuellen Sprechstunden bieten sich Eltern weitere Informationsmöglichkeiten, um nervschonend mit dem Nachwuchs klarzukommen. Häufig vorkommende Fragen werden in größeren Runden behandelt. Dazu dient etwa das "Forum Erziehungsberatung", eine Vortragsreihe zu wechselnden Schwerpunkten. Die Themen "Pubertät" und "Verlässliche Beziehungen" zogen im vorigen Jahr rund 800 Zuhörer an. Eine Elterngruppe an mehreren Abenden in Groß-Umstadt ebenfalls zum Thema Pubertät war dreifach überbucht - was zeigt, dass diese Entwicklungsphase zwischen Kind und Erwachsensein besonders viel Stoff für Zoff birgt. Gemeinsam mit der Kreisvolkshochschule organisiert die Erziehungsberatung in der so genannten "Elternschule" weitere Kurse (neues Programm ab September). Und schließlich gibt es bei der Beratungsstelle in Groß-Umstadt einen "Jour fixe": Regelmäßig am ersten Donnerstag im Monat (nächster Termin ist der 5. August), immer von 19.30 bis 21 Uhr, steht dort die Tür offen für Eltern, die sich mit Fachkräften und "Leidensgenossen"

besprechen möchten, wenn sie Sorgen mit den Blagen plagen. Oft erweist es sich nach Auskunft der Beraterinnen und Berater schon als hilfreich, Machtspiele, Nickligkeiten und vermeintliche Katastrophen mit etwas Abstand und aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, um Wechselwirkungen zu durchschauen und in Zukunft bewusster steuern zu können. Ein bisschen mehr Grundvertrauen, Humor und Gelassenheit jedenfalls könnte Eltern manches graue Haar ersparen, meinen die Experten.

Die Erziehungsberatungsstellen selbst haben ihre eigenen Nöte. Eigentlich wollte Erste Kreisbeigeordnete Fries dieses Jahr das Personal aufstocken, jetzt ist sie froh, dass von den elf Teil- und Vollzeitkräfte in Pfungstadt und Groß-Umstadt niemand entlassen werden musste. Das Land hat nämlich seinen Zuschuss von bisher 40.000 Euro komplett gestrichen; das entspricht einer Stelle. Um die Lücke zu überbrücken, hat der Kreis trotz der eigenen schwierigen Finanzsituation den Etat der Beratungsstellen um 20.000 Euro aufgestockt und spart mit dem Verzicht auf Praktikumsplätze für Sozialpädagogikstudenten nochmal den gleichen Betrag. Vermehrte Gruppenangebote für Rat suchende Eltern sollen helfen, dem wachsenden Bedarf nach Beistand in Erziehungsfragen gerecht zu werden.

Kontakt:

Erziehungsberatung Groß-Umstadt, Marie-Curie-Straße 6, Telefon 06078/931328; Erziehungsberatung Pfungstadt, Fabrikstraße 9, Telefon 06157/989414.

zurück...