Presse-Archiv 2005

Hängebauchschweine fressen eigene Ferkel und Hundefutter

Veterinäramt: Tiere grausam unterversorgt

27.09.2005

Darmstadt-Dieburg - Die Verhältnisse auf einem so genannten Gnadenbrothof entsetzen das Veterinäramt des Kreises immer wieder aufs Neue. Jene rund 180 Hängebauchschweine, die - wie berichtet - Mitte September in Ställen in der Gemarkung Weiterstadt sichergestellt wurden, sind schwer krank, zum großen Teil stark abgemagert und "absolut unzulänglich" versorgt. Das stellte sich jetzt bei einer eingehenden Kontrolle heraus. Acht Tiere mussten wegen ihres unrettbaren Zustands eingeschläfert werden. Im Westerwaldkreis (Rheinland-Pfalz), wo nochmal etwa die gleiche Anzahl Schweine unter behördlichen Schutz gestellt wurden, laufen die Überprüfungen noch.

Den in Weiterstadt untergestellten Tiere gab die Gnadenbrothof-Betreiberin laut Zeugenaussagen lediglich Hafer und Hundefutter als Nahrung. Erwachsene Tiere hätten sogar die eigenen Ferkel gefressen. Viele der Schweine waren "nur noch Knochengestelle". "Wenigstens hätten dem Getreide Mineralstoffe untergemischt werden müssen", weist die zuständige Amtstierärztin auf Versäumnisse hin. Die Tiere seien offenbar weder von einem Verwalter betreut, noch tierärztlich behandelt worden, wie die Rechtsanwältin der damaligen Tierhalterin (einer Tochter der heute verantwortlichen 55 Jahre alten Frau) der Behörde Ende Juni zugesichert hatte. Entsprechend war die schon damals an den Tieren festgestellte Räude, eine hoch ansteckende Krankheit, inzwischen chronisch geworden. Ein durch Milbenbefall verursachter, unablässiger Juckreiz ließ die Schweine geradezu verzweifelt nach Reibeflächen suchen. An den Stallwänden scheuerten sie sich die Borsten ab und die Haut wund, vielfach infizierten sich die aufgeriebenen Stellen. Dabei hätte eine Behandlung die Leiden schnell lindern können. Das Veterinäramt ließ den verbliebenen Schweinen ein Mittel gegen die Krankheit spritzen, eine 2-Stunden-Aktion. Innerhalb weniger Tage hat sich ihr Zustand daraufhin zusehends verbessert, die verletzte Haut kann wieder abheilen. Die Mängelliste umfasst noch etliche weitere Punkte. So wurden etwa - entgegen den Auflagen - Sauen und Eber nicht getrennt, hochträchtige Tiere hatten kaum Platz zum Ruhen, Gülle lief aus dem Stall, insgesamt ließ die Hygiene zu wünschen übrig. Außerdem waren die Tiere noch immer nicht mit Ohrmarken versehen. Wegen dieser Unterlassung, ein Verstoß gegen das Tierseuchengesetz und die Viehverkehrsverordnung, verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt in der Berufungsverhandlung die 55-Jährige und ihre 28-Jährige Tochter bereits zu Geldbußen in Höhe von insgesamt 22.500 Euro.

Die fortdauernden Missstände haben der "Gnadenbrothof"-Betreiberin eine neuerliche Anzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz eingetragen. Die Haltung von Tieren ist ihr durch Beschluss des Amtsgericht Darmstadt vorläufig untersagt.

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