Presse-Archiv 2008

Jugendkriminalität: Schellhaas mahnt mehr Sachlichkeit an

11.01.2008

Darmstadt-Dieburg – Es sei höchste Zeit, mit mehr Sachlichkeit an die Debatte um Jugendkriminalität heran zu gehen, so Klaus Peter Schellhaas, Erster Kreisbeigeordneter. Die Faktenlage widerspreche der Annahme, Jugendliche und junge Erwachsene seien gewaltbereiter und häufiger straffällig geworden, „Die Straftaten von jungen Erwachsenen unter 21 Jahren und von Jugendlichen nehmen in den letzten Jahren im Landkreis Darmstadt-Dieburg stetig ab“, berichtet Schellhaas und bezieht sich damit auf eine Erhebung des Polizeipräsidiums Südhessen.

Der Landkreis sei zwar keine ‚Insel der Glückseligkeit’, dem Phänomen Jugendkriminalität könne indes, wie die praktischen Erfahrungen des Kreises belegen, nicht durch stärkere repressive Maßnahmen erfolgreich entgegen gewirkt werden. Modelle dieser Art seien vor 35 Jahren aus guten Gründen weitgehend aus dem Maßnahmenkatalog öffentlicher Erziehung in Heimen verschwunden und durch auf Pädagogik und Prävention setzende Gesetzesvorgaben abgelöst worden. Es müsse aber leider festgestellt werden, dass die flankierende Unterstützung dieser Ansätze durch das Land Hessen nach wie vor im Argen liege. Schellhaas benennt in diesem Zusammenhang, dass Schulen durch das Land regelhaft nicht so ausgestattet werden, dass die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund gefördert werden könne. Es sei weiter festzustellen, dass im Bereich des Jugendstrafvollzugs, der Polizei und der Justiz - allesamt Bereiche für die eine originäre Zuständigkeit des Landes gegeben sei - deutliche Defizite bestünden.

Otto Weber, Hauptabteilungsleiter Jugend und Familie des Landkreises, weist darauf hin, dass die vorbeugende Sozialarbeit mit Jugendlichen im Landkreis Darmstadt-Dieburg ein tragendes Instrument gegen Jugendkriminalität sei. Kommunikationstraining und das Erlernen von Konfliktbewältigung seien dabei ebenso wichtige Elemente wie der Respekt vor der Meinung anders denkender oder schwächeren Menschen. Schnelles Handeln und eine schnelle Ahndung und Sanktion von Straftaten sei allerdings dann erforderlich, wenn straffällig gewordene junge Menschen durch solche Maßnahmen nicht zu erreichen sind. Ist es zu Straftaten gekommen, hält es auch Jürgen Fröhlich, Jugendrichter am Amtsgericht Frankfurt, es für unerlässlich, dass es zeitnah zu Gerichtsentscheidungen komme.

Frank H. Weyel, hessischer Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, weist darauf hin, dass mehr Mittel für die Arbeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen nötig seien, um Rückfälle zu vermeiden. Das Land Hessen habe Zuschüsse für soziale Trainingskurse, Erziehungsberatungen, für Migrationsarbeit, Frauenhäuser oder auch den Täter-Opfer-Ausgleich gestrichen oder so massiv gekürzt, sodass diese Angebote entweder weggefallen sind oder den Kommunen aufgebürdet werden mussten.

 

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