Presse-Archiv 2008

Ohne Lizenz geht nichts - Nachwuchs jeden Alters beim "Angel-Abitur"

Pauken, punkten, Petri Heil

23.06.2008

Darmstadt-Dieburg - Einfach so ans Ufer von Gersprenz oder Erlensee setzen, den Köder auswerfen und eine Forelle, vielleicht auch einen kapitalen Hecht an Land ziehen. Das geht nicht. Hierzulande braucht man zum Angeln eine Lizenz: den Fischereischein. Wer ohne erwischt wird - und die Gefahr ist bei 48 Fischereiaufsehern allein im Kreis, wachsamen Vereinsmitgliedern sowie Polizeipatrouillen relativ
groß -, riskiert eine Ordnungswidrigkeitsanzeige. Bei einem satten Bußgeld von bis zu 5000 Euro können die schöne Ausrüstung aus dem Schnäppchenmarkt und das vermeintlich kostenlose Abendessen arg ins Geld gehen.

Um in diese Situation gar nicht erst zu geraten, sind jetzt 36 Männer und sechs Frauen aus Darmstadt und dem Kreis im Landratsamt zum "Angel-Abitur" angetreten. Jedes Jahr stellen sich rund 200 bis 250 Leute der Prüfung, berichtet Viola Buse von der Fischereibehörde des Kreises. Alle müssen einen Vorbereitungslehrgang mit 40 Unterrichtsstunden absolvieren, der seit neuestem auch praktische Übungen umfasst. Vermittelt werden dabei Kenntnisse über die verschiedenen Fischarten, die Hege der Fischbestände und die Pflege der Fischgewässer, über Fanggeräte und deren Gebrauch, die Behandlung gefangener Fische, fischerei-, tierschutz- und naturschutzrechtliche Vorschriften. "Der Kurs hat sich gelohnt, ich weiß jetzt viel mehr", sagt Posa Karoly aus Weiterstadt, mit 62 Jahren ältester Prüfling. "Ohne den Lehrgang hätte ich den Test nicht geschafft; der war ganz schön schwierig." Frisch im Vorruhestand kam der Gas- und Wasserinstallateur bei der Suche nach einer Freizeitbeschäftigung aufs Angeln. Einen Verein in Griesheim hat er sich auch schon ausgesucht und den Aufnahmeantrag zu Hause liegen. Freudestrahlend verkündet er nach bestandener Prüfung: "Den schick ich gleich los!"

Auch Marcel Hauck aus Darmstadt, mit 13 Jahren der jüngste Teilnehmer, ist ganz glücklich, dass er alle Fragen richtig beantworten konnte. Er setzt, wie die zur Unterstützung mitgereisten Eltern stolz
erzählen, die Familientradition fort: Von klein auf war der Junge dabei, wenn Opa und Papa ihrem Hobby im bevorzugten Revier am Rhein frönten. Das hat abgefärbt. In seiner Klasse teilt zwar keiner den Spaß daran, aber einen Freund hat Marcel mit seiner Begeisterung immerhin schon angesteckt.

Die Prüfungskommission, der neben Viola Buse Amtskollege Norbert Trippel von der Stadt Darmstadt, die ehrenamtlichen Fischereiberater von Stadt und Kreis, Ralf Tank und Georg Lautenschläger (Mühltal) sowie Rudolf Hergesell als Vertreter der Fischereiorganisationen angehören, sind sehr zufrieden mit
der aktuellen Gruppe. Diesmal haben alle bestanden, sonst fallen meist einige durch. Zu lösen sind jeweils zwölf Fragen aus fünf Fachgebieten (allgemeine und spezielle Fischkunde, Gewässer-, Geräte- und Gesetzeskunde), wobei neun Richtige als "Soll erfüllt" gelten. Die Aufgaben stammen aus einem insgesamt 600 Fragen umfassenden Katalog, der frei zugänglich ist. Doch welche genau drankommen, ist streng geheim. Die Bögen liefert das Ministerium in einem verschlossenen Umschlag, nicht einmal die Kommission darf vor Testbeginn spitzeln. Ist alles überstanden, erhalten die Prüflinge ein Zeugnis, mit dem sie bei ihrer Wohnortgemeinde den Fischereischein beantragen können. Der kostet inklusive Fischereiabgabe je nach Gültigkeitsdauer 12,50 Euro, 36 oder 68 Euro für ein Jahr, fünf oder zehn
Jahre und kann immer wieder verlängert werden. Für Jugendliche gelten ermäßigte Sätze. Der  Lehrgang schlägt mit 120 Euro, die Prüfung mit 30 Euro zu Buche. Zum legalen Fischfang an Bächen und Teichen braucht man dann noch einen Erlaubnisschein des jeweiligen Eigentümers, Pächters oder, wie beim "Rheinschein", des Regierungspräsidiums. Die Jahresgebühr ist unterschiedlich hoch. Beim Darmstädter Angelverein beispielsweise kostet die Erlaubnis 50 Euro und berechtigt zum Angeln an zwölf Gewässern.

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