Presse-Archiv 2009

Debatte im Rahmen der Interkulturellen Wochen

"Die Zeit für Integration drängt“

29.09.2009

von links: Ulrike Foraci, AGAH, Dr. Walter Kindermann, Integrationsministerium Hessen, Dr. Jan Hilligardt, HLT, Thomas Koch, Integrationsbüro, Erster Kreisbeigeordneter Klaus Peter Schellhaas.

Darmstadt-Dieburg – Der künftige Landrat Klaus Peter Schellhaas machte zur Begrüßung der Veranstaltung „Der Nationale Integrationsplan in Zeiten der Finanzkrise“ deutlich, dass proaktive Integrationspolitik bereits jetzt im Landkreis Darmstadt-Dieburg eine wichtige Größe präventiver Arbeit sei. „Wir sind in dieser Frage auf einem guten Weg“, befand Schellhaas. Da Landkreis und Kommunen schon bald mit geringeren Steuereinnahmen rechnen müssen, sei es jedoch unerlässlich, die Wirkung von Maßnahmen zu überprüfen, erklärte Schellhaas. Dr. Walter Kindermann, Leiter der Abteilung Integration im Hessischen Ministerium der Justiz, für Integration und Europa, ergänzte: „Integrationspolitik ist Prävention“. Sie müsse deshalb Bestandteil sämtlicher gesellschaftlicher und politischer Bereiche sein. Indem die Kanzlerin Merkel zur Integrationskonferenz eingeladen habe und den Nationalen Integrationsplan zu Chefsache erklärte, habe das Thema eine größere Aufmerksamkeit erhalten. Das Land Hessen sei in seiner Integrationspolitik weiter als manche anderen Bundesländer. Die Integration in Kindertagesstätten und die Sprachstandserfassung sei hier sehr früh angegangen worden. Die Interkulturelle Öffnung der Verwaltung sei ein großes Thema, in den Schulen sorgen laut Dr. Kindermann der Ausbau von Ganztagsangeboten für mehr Chancengleichheit und auch Mädchen mit Migrationshintergrund werden gefördert. Dr. Kindermann sprach außerdem Projekte an, die in Zusammenarbeit mit den Kommunen erfolgreich sind. Integration durch Sport, die Unterstützung im Gesundheitsbereich und die Förderung des Ehrenamtes seien wichtige Aktionsfelder. Dr. Jan Hilligardt, Direktor des Hessischen Landkreistages hob hervor, dass Integration auch in Zeiten der Finanzkrise durchaus machbar sei. „Man kann viel tun, ohne sich wirtschaftlich zu überanstrengen. Diese Veranstaltung ist der Beweis dafür“, so Dr. Hilligardt. Die hessischen Landkreise seien für Integration im Rahmen von Selbstverpflichtungen aktiv. Er wies auch darauf hin, dass Integration von Migranten im ländlichen Raum schwieriger sei als in den Städten. Die Landkreise unterstützen vor Ort Netzwerke, die sich um Integration kümmern oder gegen Rassismus aktiv sind. Die Interkulturelle Öffnung der Verwaltungen werde durch die Einstellung von Bewerbern mit Migrationshintergrund sowie durch entsprechende Weiterbildungen umgesetzt. Auf gesellschaftlicher Ebene tragen in den Landkreisen Ausländerbeiräte und Anhörungen zur Integration bei. Nicht zuletzt engagieren sich die Landkreise in Hessen laut Dr. Hilligardt in den Bereichen Sprache, Bildung und berufliche Integration.

Ulrike Foraci, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Hessen, bezeichnete den Nationalen Integrationsplan als revolutionär. Vieles sei mittlerweile auf einem guten Weg, dennoch gebe es viel zu tun. Foraci zeigte auf, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund noch immer schlechtere Chancen in Schule, Ausbildung und Beruf haben. Der Anteil derjenigen, die ohne Abschluss oder mit Hauptschulabschluss die Schule verlassen, sei hoch. Die aktuellen Arbeitslosenzahlen machten deutlich, dass Migranten stärker von den Folgen der Finanzkrise betroffen seien als Deutsche. Auch Rassismus in Deutschland dürfe nicht ausgeblendet werden. Einer Willkommenskultur und Integration würde laut Foraci auch durch manche Gesetze behindert. Hohe Anforderungen beim Familiennachzug, beim Aufenhaltsrecht, beim Asylrecht und bei der Einbürgerung zählt sie dazu. Foraci plädierte dafür, Änderungen in diesen Rechtsbereichen vorzunehmen, das sei kostenlos zu haben und auch in Zeiten der Finanzkrise möglich. Dennoch, so Foraci, koste Integration Geld: „Wer Maßnahmen zur Integration zur Disposition stellt, spielt mit der Zukunft“.

Bei der anschließenden sehr lebhaften Diskussion erinnerte Ghebne Alghanesh daran, dass Integration davon lebe, dass Deutsche und Zugewanderte aufeinander zugehen. Erko Kalac, Integrationsbotschafter des Nationalen Olympischen Sportbundes, mahnte zu mehr Optimismus, da vieles in Deutschland sehr positiv laufe. Silvia Abel forderte bei den Sprach- und Integrationskursen eine bessere Vernetzung von Bund, Land und Kommunen ein. Thomas Koch, Leiter des Integrationsbüros des Landkreises betonte, dass der Nationale Integration viele Impulse für den Integrationsprozess vor Ort gegeben habe.

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