Presse-Archiv 2023
Zweite Stufe des Bürgergeldes seit 1. Juli in Kraft – Menschen möchten sich qualifizieren und arbeiten
Das Bürgergeld setzt auf Kooperation
18.08.2023
Darmstadt-Dieburg. Zwar hat das neue Bürgergeld-Gesetz die alte Arbeitslosengeld-II seit dem 1. Januar dieses Jahres abgelöst, doch viele Neuerungen treten erst seit 1. Juli 2023 in Kraft. Hierbei ist die Beratung auf Augenhöhe das erklärte Ziel der Bürgergeldreform und spiegelt sich in der Einführung des Kooperationsplans wieder. Seit Juli legen die Leistungsbeziehenden im Beratungsgespräch mit dem Fallmanagement des Landkreises Darmstadt-Dieburg ihre Ziele fest. Im Anschluss wird gemeinsam geklärt, welche Schritte zum Erreichen der Ziele notwendig sind und wie sie dabei unterstützt werden können.
Erfahrungen sind durchweg positiv
Die Erfahrungen nach den ersten Wochen, in denen in nahezu jedem persönlichen Beratungsgespräch ein Kooperationsplan vereinbart wurde, sind durchweg positiv. Der Kooperationsplan stellt die Ziele des arbeitslosen Menschen ins Zentrum. Diese Ziele sollen realistische und individuell sein und bedeuten nicht immer eine sofortige Arbeitsmarktintegration. Das Jobcenter kommt mit den Menschen ins Gespräch und gemeinsam wird entschieden welche Schritte zur Zielerreichung gegangen werden. „Wir können im Fallmanagement jetzt noch individueller auf die Bedarfe der Leistungsempfangenden eingehen und die Schritte zum Erreichen der Ziele noch kleinteiliger und passgenauer vereinbaren“, stellt Christina Brahm, die fürs Fallmanagement zuständige Fachbereichsleitung, fest. „Dies trägt erheblich zur Akzeptanz bei, die Ratsuchenden fühlen sich ernst genommen. Dies erhöht auch die Bereitschaft, die notwendigen Schritte zur Verbesserung ihrer Situation anzugehen.“
Unterstützung und Beratung vor Ort auf Augenhöhe
Darüber hinaus spielt die Verbesserung der allgemeinen Lebenslage häufig eine Rolle bei der Planung. „Die großen Themen der Sozialpolitik spiegeln sich auch in der Situation der Menschen, die das Bürgergeld beziehen, wider“, berichtet der Leiter der Kreisagentur für Beschäftigung, Roman Gebhardt. „Die ärztliche Versorgung, die Verbesserung der Kinderbetreuungsmöglichkeiten, die häufig beengte und prekäre Wohnsituation und die Problematik des regionalen Wohnungsmarkts – das alles wird auch immer wieder in den Beratungen thematisiert. Die Menschen berichten, wie anstrengend und aufwendig es für sie ist, dafür zu sorgen, dass sie wieder zuverlässig einer Arbeit nachgehen können. Umso wichtiger ist es, dass auf bundespolitischer Ebene Entscheidungen getroffen werden, damit die Versorgung vor Ort verbessert werden kann.“
Selbstbestimmung und Eigenverantwortung stehen im Vordergrund
„Wir wussten schon immer, dass die meisten Menschen, die bei uns Leistungen beziehen, arbeiten wollen. Nun sind sie es aber selbst, die dieses Ziel deutlich zum Ausdruck bringen. Damit reiht sich das Bürgergeldgesetz in die Entwicklung der Sozialgesetzgebung der letzten Jahre ein, in der Selbstbestimmung und Eigenverantwortung bei der Hilfeplanung eine immer wichtigere Rolle spielen“, erklärt Christel Sprößler, die Sozialdezernentin des Landkreis Darmstadt-Dieburg.
Qualifiziert und langfristig in den ersten Arbeitsmarkt
Viele Menschen die Bürgergeldleistungen beziehen, haben keine abgeschlossene Erstausbildung und hierdurch deutlich schlechtere Chancen auf eine langfristige Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Das Bürgergeldgesetz trägt diesen verschlechterten Chancen und dem Fachkräftemangel in Deutschland Rechnung. Menschen ohne Berufsabschluss sollen gezielt gewonnen werden ihren Berufsabschluss oder eine anderweitige Qualifizierung, wie z.B. einen Busführerschein, nachzuholen. Vor der Reform sah das Gesetz vor, dass Menschen die in den ersten Arbeitsmarkt vermittelbar waren, sofort vermittelt werden sollten. Wenn sie hierzu nicht bereit waren, bedeutet dies häufig eine Kürzung von bis zu 30 % ihrer Geldleistungen. Auch schlossen viele Leistungsbeziehende eine langfristige Qualifikation für sich aus, da sie Geld verdienen mussten oder wollten.
Diese kurzfristige Vermittlung war aber meist nicht im Sinne der Arbeitssuchenden oder im Sinne des Jobcenters, bei fehlender Qualifikation gibt es häufig einen Drehtüreffekt und die Menschen verlieren nach kurzer Zeit ihre Arbeitsstelle wieder und müssen wieder einen Antrag beim Jobcenter stellen.
Die Bürgergeldreform hat dies verändert; Menschen die über keinen Berufsabschluss verfügen sollen vorrangig eine abschlussbezogene Weiterbildung machen. Sie erhalten in dieser Zeit zusätzlich monatlich bis zu 150 €, um die damit verbundenen finanziellen Schwierigkeiten auszugleichen. Eine Qualifizierung vor einer Vermittlung an Arbeit ist so deutlich attraktiver geworden und trägt auch dazu bei, den Fachkräftemangel zu reduzieren.
Schüler- und Schülerinnen, Auszubildende und Studierende hatten häufig keine Anreize arbeiten zu gehen, da von dem Geld was sie erarbeitet haben wenig übrigblieb, da dies auf die Leistungen angerechnet wurde. Eine Möglichkeit durch Arbeit z.B. auf einen Führerschein zu sparen gab es nicht.
Das Bürgergeldgesetz geht auch hier konsequent einen Weg
Junge Menschen bis 25 können zukünftig von Ihrer Ausbildungsvergütung und aus dem Einkommen aus ihren Schülerinnen, Schüler- und Studierendenjobs bis zu 520 € anrechnungsfrei behalten. Sie können so, unabhängig von der finanziellen Situation ihrer Eltern, die Erfahrung machen, dass es sich finanziell lohnt zu arbeiten und zum anderen bekommen sie überhaupt erst die Möglichkeit auf ihre Ziele, wie z.B. einen Führerschein hinzusparen.