Was macht eigentlich eine Vertrauensperson für Menschen mit Behinderung in einem Unternehmen?

Interview mit Erika Hallmayer

Die Firma DAW SE (Deutsche Amphibolin-Werke von Robert Murjahn Stiftung & Co KG) stellt in Ober-Ramstadt schon seit vielen Jahren Farben, Lacke, Lasuren und Putze her. Ihr bekanntestes Produkt ist wohl die Innenfarbe Alpinaweiß, die bereits seit 1909 patentiert ist. Das Unternehmen hat insgesamt 5600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen am Standort Ober-Rammstadt 1700 beschäftigt sind. Erika Hallmayer vertritt schon seit vielen Jahren den Teil der Belegschaft mit einem Grad der Behinderung.

„Ich bin 67 Jahre alt. Seit dem 01.06.2023 verrentet, aber trotzdem nach wie vor als Schwerbehindertenvertreterin tätig. 2026 stehen Neuwahlen an. Ich weiß noch nicht, ob ich mich wieder aufstelle“, erzählt sie.

Auf die Frage nach dem Grund ihrer Tätigkeit meint Erika Hallmayer: „Ich mache es gern, weil es so ein interessantes, breites Feld ist. Es gibt einige Erfolge“, berichtet Hallmayer. Etwa, wenn sie daran mitwirken konnte, dass eine chronisch erkrankte Mitarbeiterin zu 100% ins Homeoffice wechseln konnte und sich damit den Alltag mit einer schweren Krankheit erleichtern kann.

Allerdings fügt die Vertrauensperson für Menschen mit Behinderung an: „Manchmal muss man auch Misserfolge wegstecken. Vor allem bei schweren Krankheitsverläufen von Kolleginnen und Kollegen.“

Das genaue Profil war der Vertrauensfrau der Menschen mit Behinderung beim Beginn ihrer Tätigkeit zunächst nicht ganz klar: „Als ich angefangen habe, wusste ich gar nicht, was auf mich zukommen würde. Deshalb war es sehr wichtig für mich, Ratgeber und Helfer zu finden. So habe ich nach und nach ein Netzwerk aufgebaut, auf das ich zurückgreifen kann, wenn ich Fragen habe. Dazu gehören das Integrationsamt oder der Integrationsfachdienst. So ist mit den Jahren ein Netzwerk gewachsen und zusätzlich habe ich mich in verschiedenste Themen eingearbeitet.“

Ganz konkret können sich Mitglieder der Belegschaft an Erika Hallmayer wenden, wenn: „… es um die Arbeitsplatzgestaltung geht, werde ich eingeschaltet und hole den Betriebsarzt dazu. Auch den Integrationsfachdienst kann man bei solchen Fragen einschalten. Dann gucken wir zusammen, welche Lösungen es im Einzelfall geben kann.“

Zu Beginn ihrer Tätigkeit kamen die Kolleginnen und Kollegen selten zur Vertrauensperson für Menschen mit Behinderung. In der Zwischenzeit ist aber vielfach ein Vertrauensverhältnis entstanden und Ratsuchende geben sich die Klinke in die Hand. Einmal im Monat berichtet Erika Hallmayer zudem innerhalb der Belegschaft über ihre Aktivitäten, zum Beispiel über einen Jobcoach, der in einem Fall erfolgreich engagiert wurde.

Auch über die Gruppe der Menschen mit Behinderung hinaus stößt die Aktivität der Vertrauensfrau für Menschen mit Behinderung im Betrieb auf großes Interesse, was Erika Hallmayer sehr freut.

Dabei lässt sich grundsätzlich der Anstieg von psychischen Erkrankungen und Krebsfällen beobachten, berichtet sie. Ihre Arbeit wird also auch in den nächsten Jahren wichtig bleiben.

Für die Zukunft wünscht sich Erika Hallmayer, dass der Anteil von Menschen mit Behinderung an der Belegschaft im Farbenwerk noch steigt. Von den 1700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben im Moment 75 einen Grad der Behinderung.

„Zusätzlich fände ich es wichtig, dass die Gesellschaft, zu der ja auch meine Firma gehört, noch offener wird und der Umgang mit dem Thema noch selbstverständlicher.“ dass die Menschen, auch wenn sie eine Behinderung haben, ihre Schwierigkeiten ansprechen können“, meint Hallmayer abschließend.



Was macht eigentlich die Behindertenbeauftragte von Mühltal?

Beate Jährling ist seit Dezember 2018 Behindertenbeauftragte der Gemeinde Mühltal.

Die Gemeinde verabschiedete 2016 einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.

In diesem Rahmen regte Beate Jährling die Schaffung der ehrenamtlichen Stelle an. Vor ihrem Amtsantritt wurde die Stelle von der damaligen Bürgermeisterin ausgefüllt. Im Interesse des Anliegens war es, die Stelle mit einer ehrenamtlichen, unabhängigen Person zu besetzen. So schlug Beate Jährling 2018 vor, die Stelle zu übernehmen.

Selbst meint sie dazu: „Ich bin ausgebildete Sozialpädagogin und habe mein gesamtes Berufsleben Menschen geholfen, sich im Alltag, bei der Ausbildung und im Beruf zurechtzufinden. Vor diesem Hintergrund habe ich meine Dienste als Behindertenbeauftragte den Bürgerinnen und Bürgern von Mühltal angeboten.“

Die Behindertenbeauftragte war bis zu ihrer Verrentung im Integrationsfachdienst tätig. Ihre langjährige Erfahrung im Beruf hilft ihr bei der ehrenamtlichen Tätigkeit immer wieder.

Beate Jährling ist telefonisch und per E-Mail zu erreichen. Auch schreibt sie in der Mühltalpost, der lokalen Zeitung, beinahe monatlich Artikel über ihr Engagement.

Beate Jährling beschreibt den Ablauf der Beratung wie folgt: „Die Leute rufen mich an oder schreiben mir. Dann machen wir einen Termin aus und ich besuche sie. Auch können wir uns bei mir Zuhause treffen. Wichtig ist mir, dass die Termine nicht in der Verwaltung stattfinden, da wir so flexibler bei der Terminfindung sind. Wenn wir uns bei den Leuten Zuhause treffen, hat das den Vorteil, dass ich mir ein besseres Bild von der Gesamtsituation machen kann“, führt sie aus.

Die Themen in den Beratungsgesprächen sind vielfältig. Sie umfassen z.B. Anträge auf einen Grad der Behinderung, Alltagshilfen, Informationen über Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen, Behinderungsgrade, Pflegegrade und Hilfe bei Antragstellungen. Auch umfasst Jährlings Tätigkeit in manchen Fällen Hilfe bei alltäglichen Fragen oder bei der Freizeitgestaltung. Die Ratsuchenden sind oft ältere Menschen. Im Schnitt berät die Behindertenbeauftragte 30 Menschen pro Jahr einmal oder mehrmals.

„Bei 80% der Fragen kann ich selbst gut antworten. Ansonsten kann ich auch auf den kommunalen Behindertenbeauftragten, die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) oder auf die anderen Behindertenbeauftragten im Kreis zurückgreifen“, erklärt Jährling.

In der Öffentlichkeit tritt Beate Jährling auch regelmäßig in Erscheinung. So organisierte sie 2019 und 2023 anlässlich des internationalen Protesttages von Menschen mit Behinderung am 5. Mai Aktionen in der Gemeinde. Im April diesen Jahres wird sie beim „Seniorentag“ in Mühltal vertreten sein und über ihre Aktivitäten informieren.

Die Behindertenbeauftragte von Mühltal freut sich sehr darüber, dass im Mai diesen Jahres in der Gemeinde ein Teilhabebeirat konstituiert wird. Das heißt, Vieles, was sie im Moment allein tut, wird zukünftig von mehreren Personen übernommen. Voraus gegangen war ein langer Zeitraum, in dem Beate Jährling ab Februar 2020 mit vier anderen Personen eine Satzung für einen solchen Beirat geschrieben hat.

„Wir haben uns bei diesem Vorhaben viel Mühe gegeben. Wir freuen uns ganz besonders darüber, dass unser Satzungsentwurf zu großen Teilen vom Gemeindevorstand angenommen wurde. U.a. sind Menschen mit Behinderung und solche mit Fachkenntnissen aufgerufen, zu kandidieren. Ich bin ganz gespannt, mit wem ich in Zukunft am Thema Teilhabe arbeiten werde."

Abschließend meint Beate Jährling: „Ich bin stolz und froh, dass ich in den letzten Jahren den Menschen in Mühltal mit meiner Fachkenntnis weiterhelfen konnte. Ich habe den Eindruck, dass durch die Beratung immer eine Verbesserung der Situation möglich war." Wir wünschen weiterhin viel Erfolg bei der Beratung, aber auch viel Energie für die Arbeit im Teilhabebeirat.