Presse-Archiv 2001
Eine "zweite einmalige Chance" - HEAG baut neu
Kreisverwaltung zieht es nach Kranichstein
31.08.2001
Darmstadt-Dieburg - Die Kreisverwaltung verlegt ihr Hauptquartier nach
Kranichstein in die derzeitige Zentrale der Hessischen Elektrizitäts-AG
(HEAG). Diese überraschende Nachricht verkündeten Landrat Alfred Jakoubek
und die HEAG-Vorstände Professor Horst H. Blechschmidt und Albert Filbert
am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Sobald das Unternehmen seinen geplanten Neubau in der Darmstädter Weststadt beziehen kann, voraussichtlich Anfang 2004, steht der Bürokomplex in der Jägertorstraße als Landratsamt zur Verfügung. Das neue Domizil kostet den Kreis 24,25 Millionen Mark und lässt sich nach Jakoubeks Rechnung ohne zusätzliche Kreditaufnahmen finanzieren. Für den Landrat ist das das "Oberhighlight" an dem Coup, der an sich schon eine kleine Sensation darstellt. Genau dieselb Liegenschaft stand schon einmal als Verwaltungssitz zur Debatte - vor knapp 25 Jahren. Damals, 1977 bei der Zusammenlegung der vorher selbständigen Landkreise Darmstadt und Dieburg, hatte man nicht zugegriffen - und in der Folgezeit oft die verpasste Gelegenheit bejammert. Deshalb spricht Landrat Jakoubek von einer "zweiten einmaligen Chance", die sich jetzt bietet, und er will nicht zaudern. Die interfraktionelle "Kommission Kreishäuser" jedenfalls überzeugte sein Vorschlag. Das letzte Wort hat freilich der Kreistag, der in seiner nächsten Sitzung am 24. September über das Geschäft berät.
Das Anwesen der HEAG ist mit rund 15.000 Quadratmeter Büro- und Nebenflächen groß und durch eine variable Raumaufteilung flexibel genug für die gegenwärtig in Darmstadt versprengten Außenstellen der Kreisverwaltung mit ihren insgesamt rund 450 Beschäftigten. Unter einem Dach zusammengeführt werden sollen sämtliche Abteilungen aus dem "Mutterhaus" in der Rheinstraße, die Kinder- und Jugendförderung mit Teilen der Sozialverwaltung aus der Dependance Elisabethenstraße, das Veterinäramt im Haardtring und die Hauptabteilung Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz, die im "Haus der Landwirtschaft" in der Rheinstraße beheimatet ist. Dieses marode Anwesen muss ohnehin mittelfristig geräumt werden, und so kommen die Überlegungen des Landrats auch dem Land Hessen als Eigentümer sehr zupass. Ein Landratsamt in Kranichstein wäre für die Bürger aus dem Landkreis gut erreichbar. Es stünden ausreichend Parkplätze für Personal und Kundschaft zur Verfügung, der Linienbus mit Direktverbindung zum Luisenplatz hält direkt vor der Tür, und beim Neubau der Straßenbahntrasse werde eine entsprechende Haltestelle vorgesehen, sagt Jakoubek. Das Finanzierungsmodell sieht folgendermaßen aus: Die Gesamtsumme von 24,25 Millionen Mark soll in zwei Raten gezahlt werden. Demnach erhält die HEAG noch in diesem Jahr 13,25 Millionen Mark. Den Betrag will der Landrat ohne zusätzliche Verschuldung im Nachtragshaushalt bereit stellen. Elf Millionen erhält der Kreis für sein "altes" Landratsamt. Ein Investor übernimmt das Amt zum Auszugstermin Ende 2003/Anfang 2004, zahlt aber bereits ein Jahr früher. Das Geld reicht der Kreis unmittelbar an die Hessische Elektrizitäts-AG weiter. Laut Gutachten ist allein das mehr als 38.000 Quadratmeter große Grundstück an der Jägertorstraße rund 14 Millionen Mark wert. Würde die Kreisverwaltung im jetzigen Landratsamt bleiben, fielen außer wachsenden Mietkosten für ausgelagerte Abteilungen und rund hundert Parkplätze in nächster Zeit Sanierungskosten in Höhe von etwa 10 MillionenMark an, ergab eine Expertise. Würde man ein Landratsamt komplett neu bauen, käme dies laut Jakoubek um einen "hohen zweistelligen Millionenbetrag" teurer als der jetzt geplante Kauf. Das Kreishaus in Dieburg mit zurzeit rund 310 Bediensteten soll als zweiter Verwaltungssitz erhalten bleiben. Um die Arbeits- und Servicebedingungen dort zu verbessern, müssen mittelfristig mindestens fünf Millionen Mark investiert werden.
Für den geplanten Ortswechsel der HEAG sprechen nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden Professor Blechschmidt einige Gründe. Durch den Verkauf dieser Immobilie kann das expandierende Unternehmen einen zukünftigen Firmensitz wählen, der es möglich macht, flexibel auf die sich ständig ändernden Anforderungen des Energiemarktes zu reagieren. Die Heag steht seit 1998 im Wettbewerb mit anderen Stromversorgungsunternehmen und hat sich von einem regionalen Monopolunternehmen zu einem bundesweit tätigen Dienstleister entwickelt. Durch die Kooperation mit den Stadtwerken Mainz in den Bereichen Stromerzeugung, Stromhandel und Stromvertrieb sowie durch die Gründung der Citiworks AG Deutsche Stadtwerke Allianz in München ist das Unternehmen jetzt deutschlandweit aktiv. Optimale Anbindungen an Bahn, Autobahn und Flughafen werden somit zu einer wichtigen Voraussetzung für ein erfolgreiches Unternehmen. "Wir müssen für andere gut erreichbar sein und andere Unternehmen so schnell wie möglich erreichen können. Daher liegt der optimale Standort für uns in der Nähe von Hauptbahnhof und Autobahn und dadurch auch mit kurzem Weg zum Flughafen", so Professor Blechschmidt. Der Wettbewerb auf dem Strommarkt zwinge die HEAG auch bei ihren Immobilien zu immer größerer Flexibilität. "Mit einem modernen Verwaltungsgebäude können wir unser Unternehmen problemlos an die unterschiedlichsten Nutzungsanforderungen anpassen", so Albert Filbert, kaufmännischer Vorstand der HEAG. An dem neuen Standort sollen neben der Holding auch die operativen Gesellschaften ihr neues Domizil haben. Doch zunächst muss die HEAG sich für einen neuen Standort entscheiden: Wir werden ein neues Bürogebäude in der Weststadt bauen. Es gibt zwei Alternativen, das ehemalige Boschgelände oder das sogenannte Knell Gelände. Eine definitive Entscheidung steht noch aus, sagte HEAG-Vorstandsvorsitzender Professor Horst H. Blechschmidt.
dp