Presse-Archiv 2002

Die "Zeitreise" des Landkreises steht unter dem Motto Grenzerfahrung

Wechselnde Besitzer, ständig neue Grenzen

28.08.2002

Darmstadt-Dieburg - Sein 25-jähriges Jubiläum nimmt der Landkreis zum Anlass, während einer "Zeitreise" darzustellen, wie das Landkreisgebiet früher aufgeteilt war. Heute noch sichtbare Relikte weisen auf Kämpfe um Territorialmacht, wechselnde Herrschaftsbereiche und sich ändernde Besitzverhältnisse hin. Die "Grenzerfahrung" offenbart Überraschendes und Erhellendes. Die Region war schon zu Römerzeiten reizvoll und begehrt und wurde immer wieder neu aufgeteilt. Das Wissen um die damaligen Geschehnisse erklärt auch die machtstrategische Bedeutung von manchem Bauwerk im Kreis, das heutzutage als Kulturdenkmal bewundert wird. Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries und Liane Mannhardt, Leiterin der Denkmalschutzbehörde des Kreises, führen durch die Zeitreise mit Grenzerfahrung. An sechs Stationen erklären die beiden Reiseleiterinnen die wechselvolle Geschichte des Landkreises. Die Veste Otzberg, erste Station der Zeitreise, überragt auf ihrer markanten Kuppe die Region. Die Burg, im Volksmund "Weiße Rübe" genannt, wurde um 1200 von der Abtei Fulda erbaut und 1390 an den Pfalzgrafen Rupprecht verkauft. 1504 eroberte Landgraf Wilhelm von Hessen die Festung in der Bayerischen Fehde, 1522 wird sie von den Bayern eingenommen. Vier Jahre später gelangt sie an den Landgrafen von Hessen, doch Kurpfalz will die Veste nicht hergeben und behauptet sie bis zur endgültigen Besitzbestätigung im Westfälischen Frieden. Im Dreißigjährigen Krieg übernimmt Turenne durch einen Verrat die Burg, 1803 fällt sie dann an Hessen. Groß-Umstadt gehört zu den ältesten Siedlungsgebieten der Region. Schon vor rund 7500 Jahren ließen sich Ackerbauern dort nieder, und auch die Römer spielten eine große Rolle. Erstmals erwähnt wird Groß-Umstadt im Jahr 741, als Karlmann die Kirche dem Bischof Burkhard von Würzburg schenkt. Besitzer der Siedlung ist zunächst die Abtei Fulda, die den Ort aber unterschiedlichen Herren zum Lehen gibt - so an Münzenberg, Hanau und Katzenelnbogen. Wobei gerade die Grafen von Katzenelnbogen bis zu ihrem Aussterben 1479 eine große Bedeutung für die hessische Territorialgeschichte hatten.
Das im 15. Jahrhundert erbaute Pfälzer Schloss in Groß-Umstadt, die zweite Station, gehörte zunächst der ehemaligen Vogtei des Klosters Fulda und wurde dann Burgmannensitz. Der sehenswerte Keller, Lagerstätte des Groß-Umstädter Weins, stammt indes schon aus dem 13. Jahrhundert. Die Schaafheimer Warte, Station 3 der Zeitreise, wurde von Kurmainz errichtet, um das angrenzende Gebiet der Hanauer Grafen zu beobachten. Sie hatte mit der dazu gehörigen Landwehr eine wichtige strategische Bedeutung, verdächtige Aktivitäten wurden von der Turmspitze aus mit Signalen weiter geleitet. Ein Wall- und Grabensystem verlief bis Stockstadt und sicherte das Gebiet des Bachgaus. In Babenhausen, der nächsten Station, steht ein alter Adelshof, das Burgmannenhaus oder, wie die Babenhäuser sagen, "die Burg". Babenhausen geht auf die Gründung der Münzenberger zurück, die ihr Emporkommen der staufischen Reichlandspolitik zu verdanken hatten. Eine sehr viel längere Geschichte hat Dieburg, das in der Römerzeit seine erste große Blüte erlebte. Im Mittelalter wird Dieburg erstmals 1208 urkundlich erwähnt. Als erste Besitzer traten die Herren von Bolanden auf, gefolgt von den Münzenbergern. 1310 wechselt der Besitz an das Kurfürstentum Mainz, 1803 schließlich gelangt die Stadt an Hessen. Nach 1821 begann eine tiefgreifende Verwaltungsreform, das Großherzogtum wurde in Gemeinden eingeteilt. Als unterste Stufe der staatlichen Hoheitsverwaltung gab es Landrats- und Landgerichtsbezirke, die Landratsbezirke Dieburg und Reinheim waren die Vorgänger des Kreises Dieburg. Die fünfte Station, das 1828 von dem Mollerschüler Georg Lerch geplante ehemalige Dieburger Kreisamt und Rathaus gehörte seiner Zeit zu den markanten Gebäuden der Stadt. Zur letzten Station fahren die Zeitreisenden an die Bergstraße nach Jugenheim, das ebenfalls die verschiedensten Besitzer hatte - angefangen bei den Lorscher Klostervögten über die Herren von Bickenbach, die Herren von Jossa, die Schenken von Erbach, die 1532 in den Grafenstand erhoben wurden. 1714 wurde Jugenheim an Hessen verkauft. Die für die Ämter an der Bergstraße zuständige Kellerei befand sich in Jugenheim. Naturaleinkünfte wurden dabei in einem großen, trockenen Keller aufbewahrt, der Finanzbeamte, der sie eintrieb und verwaltete, war der "Keller", abgeleitet vom lateinischen Cellarius, dem Verwalter der Klöster und Kirchen. Das Kellergewölbe in Jugenheim ist 28 Meter lang, acht Meter breit und bis zu acht Meter hoch und gehört heute zum Forstamt Seeheim Jugenheim. Die "Grenzerfahrung" beginnt am Sonntag, 8. September, um 10 Uhr vor dem Landratsamt Darmstadt, Rheinstraße 65, und endet gegen 16.30 Uhr am Ausgangspunkt. Der Kostenbeitrag pro Person beträgt fünf Euro, es passen maximal 50 Zeitreisende in den Bus. Platzreservierungen sind bei der Servicestelle des Landratsamts möglich (Telefon 06151/8811013 oder E-mail: service@remove.this.da.ladidi.de). Zur Zeitreise erscheint ein Faltblatt, das die einzelnen Stationen erläutert. Teilnehmer erhalten das Faltblatt bei der Bustour, andere Interessierte können es bei der Servicestelle abholen oder anfordern.

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