Presse-Archiv 2002
Mehr als ein Drittel der Grundschulabgänger bevorzugt Gymnasialzweig
Ringanker greift - Wahlfreiheit zieht
08.05.2002
Darmstadt-Dieburg - Mit dem Aufbau eines gymnasialen Angebots neben der Förderstufe, die über zwei Jahrzehnte hinweg die Schullandschaft prägte, hat der Landkreis offenbar einen verbreiteten Elternwunsch erfüllt. Das zeigen die vorläufigen Anmeldezahlen für das kommende Schuljahr. Voraussichtlich 1114 Jungen und Mädchen, mehr als doppelt so viele Kinder wie im Vorjahr (489), schlagen unmittelbar nach der Grundschule eine gymnasiale Laufbahn ein. Davon nutzen 784 die neu geschaffenen Klassen innerhalb des Kreises, 330 wechseln auf ein Gymnasium in Darmstadt.
"Der gymnasiale Ringanker ist ein voller Erfolg", findet Landrat Alfred Jakoubek. Die damit verbundenen Erwartungen, nämlich Wahlfreiheit zu schaffen und den Druck auf Darmstadt zu reduzieren, hätten sich weitestgehend erfüllt. Alle neun Gymnasialstandorte im Kreis werden gut angenommen und starten mit zwei bis vier Klassen. Ohne den von Schuldezernentin Celine Fries initiierten Ringanker hätten jetzt schätzungsweise mehr als 250 Kinder aus dem Landkreis von Darmstädter Gymnasien zurückgewiesen werden müssen. In dieser Dramatik besteht das Problem nicht mehr, ist aber auch noch nicht ganz gelöst: 41 Kinder, die ein Gymnasium in Darmstadt besuchen wollten, bleiben außen vor. Zwar wurden dort deutlich weniger Kinder angemeldet als vor Jahresfrist, allerdings stehen auch weniger Plätze für Auswärtige zur Verfügung.
Um Absagen zu verhindern, hatte Landrat Alfred Jakoubek noch in dieser Woche angeboten, den Bau eines Pavillons auf städtischem Areal zu finanzieren. Dieser Vorschlag lässt sich nach Auskunft der zuständigen Schuldezernentin, Stadträtin Daniela Wagner, nicht verwirklichen, weil an keinem der sechs öffentlichen Gymnasien entsprechendes Gelände zur Verfügung steht. Mit Ach und Krach und viel gutem Willen waren für das laufende Schuljahr 420 Landkreis-Kinder in Darmstadt untergekommen. Im nächsten Schuljahr finden dort 330 "Einpendler" Platz, davon stammen 75 aus Messel und Mühltal, den beiden Umlandgemeinden mit Aufnahmegarantie. Den 41 Wunsch-Sextanern, deren Eltern in den nächsten Tagen eine schriftliche Absage erhalten, nennt das Staatliche Schulamt als Alternative das gymnasiale Angebot am jeweiligen Wohnort. Betroffen sind 21 Kinder aus Griesheim, sieben aus Weiterstadt, vier aus Pfungstadt, sieben aus Reinheim und jeweils eines aus Münster und Groß-Zimmern. Als neuralgischer Punkt in der ansonsten befriedeten Schullandschaft erweist sich damit weiterhin die Situation in Griesheim. Der Bau eines eigenständigen Gymnasiums, den der Kreistag gefordert, das Kultusministerium jedoch zugunsten eines gymnasialen Zweigs an der Gerhart-Hauptmann-Schule abgelehnt hatte, bleibt nach Auskunft von Landrat Jakoubek auf der Tagesordnung. Der anhaltende Drang nach Darmstadt sei ein Beleg dafür, dass die Kultusministerin die Zugkraft der Hauptmannschule überschätzt habe. Dort kommen zwei Gymnasialklassen mit insgesamt rund 50 Kindern zustande.
Wahrscheinlich seien auch viele Eltern durch die späte Entscheidung in Wiesbaden verunsichert gewesen, meint Jakoubek. Zusammen mit dem Ministerium wolle man für die Zukunft eine attraktive, bestandskräftige Lösung finden. Ein neues Gymnasium in Griesheim müsse integraler Bestandteil der Darmstädter Schullandschaft sein und dazu beitragen, die dort bis ans Limit ausgeschöpften Klassenstärken spürbar zu senken. An den übrigen Gymnasialstandorten im Landkreis ergibt sich folgendes Bild: Pfungstadt Die Friedrich-Ebert-Schule, die bereits im letzten Sommer als Vorreiter im Kreis einen gymnasialen Zweig mit 69 Kindern gestartet hatte, richtet zum Schuljahresbeginn drei neue Gymnasialklassen ein. Parallel werden in der Förderstufe sechs Klassen mit 160 Kindern gebildet. Weiterstadt Die Albrecht-Dürer-Schule konnte auf Anhieb rund 100 Schüler (drei Klassen) für ihr neues gymnasiales Angebot gewinnen. Die Förderstufe haben 120 Kinder (vier Klassen) gewählt.
Dieburg
An der Goetheschule findet der neue Gymnasialzweig mit neunzig Anmeldungen für drei Klassen sogar höheren Zuspruch als die Förderstufe, die auf zwei Eingangklassen kommt.
Münster
Auch die erweiterten Möglichkeiten an der Schule auf der Aue verzeichnen große Resonanz: 100 Kinder strömen in die Sexta (drei Klassen). Die Förderstufe geht ebenfalls mit drei Klassen ins nächste Schuljahr.
Groß-Zimmern
An der Albert-Schweitzer-Schule, wo sich wie in Münster und Dieburg die Schulkonferenz für Neuerungen stark gemacht hatte, reicht die Nachfrage mit 45 Anmeldungen aus, um zwei Gymnasialklassen zu bilden. Die Förderstufe richtet ebenfalls drei Klassen ein.
Groß-Umstadt
Die Max-Planck-Schule entfaltet unter den neun Gymnasialstandorten im Kreis die stärkste Sogwirkung: Hier sind 130 Fünftklässler angemeldet; das ergibt vier Klassen.
Reinheim/Groß-Bieberau
Sowohl die Kurt-Schumacher-Schule wie auch die Albert-Einstein Schule haben die Förderstufe abgeschafft und führen statt dessen ein dreigliedriges System ein. An beiden Schulen kommen jeweils eine Hauptschul-, zwei Realschul- und drei Gymnasialklassen zustande. In Reinheim nehmen 80 Kinder Anlauf zum Abitur.
In Groß-Bieberau ist der Zuspruch höher als die Kapazität erlaubt. 99 Kinderkann der Gymnasialzweig aufnehmen, darunter - entsprechend einer Vereinbarung zwischen den Schulträgern - 33 aus dem Odenwaldkreis. Sieben Jungen und Mädchen aus der Nachbarregion erhielten Absagen mit dem Hinweis, sich eventuell nach Reinheim zu orientieren. Außerdem wurden elf aus Reinheim angemeldete Kinder auf das Schulangebot an ihrem Wohnort verwiesen. Der Umbruch der Schullandschaft wirkt sich auch auf verschiedene Gesamtschulen mit reinem Förderstufenangebot aus. Jeweils eine Klasse weniger als im Vorjahr ergeben sich für die Eichwaldschule in Schaafheim (drei statt vier), die Ernst-Reuter-Schule in Groß-Umstadt (drei statt vier) und die Melibokus-Schule in Alsbach (vier statt fünf). Umgekehrt ist der Trend an der Justin-Wagner-Schule in Roßdorf. Der nachrückende Jahrgang füllt dort fünf Klassen, eine mehr als bisher.
db