Presse-Archiv 2002

Familienfreundliche Förderung - Fries: Ein Euro zahlt sich vierfach aus

"Care-Paket" gegen Betreuungslöcher

19.11.2002

Darmstadt-Dieburg - Mit einem rund 500.000 Euro schweren Sonderprogramm wollen Landrat Alfred Jakoubek und Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries im nächsten Jahr "Betreuungslöcher" stopfen. Das Konzept, das trotz schwieriger Finanzlage eine zusätzliche Unterstützung für Familien bedeutet, soll im Dezember vom Kreistag verabschiedet werden.
Angetrieben von dem ehrgeizigen Plan, Darmstadt-Dieburg als ausgewiesen familienfreundlichen Landkreis zu profilieren, hat sich Fachdezernentin Fries gezielt weiße Flecken in der Betreuungsinfrastruktur vorgenommen und ein "Care-Paket" geschnürt vor allem zugunsten von berufstätigen Eltern, deren Sprösslinge noch Strampelhosen tragen oder schon zur Schule gehen. Während die vorhandenen Angebote für Nachwuchs im Kindergartenalter weitgehend ausreichen, ist die Lage davor und danach ziemlich düster. Lediglich 269 Krippenplätze gibt es aktuell in den 23 Städten und Gemeinden im Kreis für Kinder im Alter von bis zu drei Jahren. Das entspricht einem Versorgungsgrad von gerade einmal gut drei Prozent. Zwanzig Prozent hält die Bundesregierung mittelfristig für wünschenswert, die Europäische Union nennt sogar 33 Prozent als Zielvorgabe. Der Kreis legt jetzt Tempo vor und nimmt richtig Geld in die Hand. Erstmals werden Zuschüsse in Aussicht gestellt, um vermehrt Krabbel- stuben auf die Beine zu helfen. Vereine und private Initiativen, die eine Krippe für mindestens zehn Kinder aufbauen wollen, sollen bis zu 7.500 Euro Startgeld erhalten, um Betten, Spielzeug und ähnliches zu kaufen. Eine große Hürde, die Finanzierung der Basisausstattung, lässt sich dadurch leichter nehmen. Insgesamt 30.000 Euro sind dafür angesetzt. Außerdem will Fries eine regionale Vermittlungsstelle für Tagesmütter (und -väter) ins Leben rufen, damit Eltern nicht von Pontius bis Pilatus laufen müssen, um fürs Baby oder Kleinkind in der Nähe von Wohn- oder Arbeitsort eine liebevolle Obhut zu finden. Die Einrichtung einer solchen Zentrale ist mit 75.000 Euro kalkuliert.
Nach der Kindergartenzeit, in der sich Job und Elternschaft meist recht gut vereinbaren lassen, tut sich oft ein neues Loch auf. Zwar ist an fast an allen Grundschulen vormittags für Aufsicht in der unterrichtsfreien Zeit gesorgt, aber dann fangen für viele Familien die Sorgen an. Weil die Landesförderung größere Sprünge nicht erlaubt, will der Kreis einspringen und mit einer Finanz spritze von insgesamt 70.000 Euro - auch dies ein Novum - dazu beitragen, dass an Grundschulen zunehmend auch Mittagessen, Hausaufgabenhilfe und Betreuung bis in den Nachmittag hinein angeboten werden. Gleichzeitig entfällt die bisherige Beschränkung, nach der pro Lehranstalt maximal drei Gruppen gefördert wurden. Ein bereits getroffener Grundsatzbeschluss regelt, dass sich der Kreis künftig außerdem zur Hälfte an Baukosten beteiligt, wenn in Schulhäusern der Platz nicht ausreicht und die jeweilige Gemeinde entsprechende Räumlichkeiten schafft. Für das Co-Finanzierungsmodell stehen 300.000 Euro bereit.
Wie Schuldezernentin Celine Fries versichert, bedeuten die neuen Akzente keineswegs, dass andere familienorientierte Angebote nun stiefmütterlich behandelt würden. Im Gegenteil: Die 2001 begonnene, viel beachtete Ganztagsschul offensive wird finanziell aufgestockt - um 100.000 auf dann insgesamt 612.000 Euro. Dadurch eröffnet sich im nächsten Jahr nochmals bis zu fünf weiterführenden Schulen die Möglichkeit, einen geregelten Nachmittagsbetrieb zu organisieren, wie es bereits zehn Lehranstalten vormachen. Die zu erwartenden Bun desmittel für offene Ganztagsschulen will Fries, wie von Bildungsministerin Bulmahn angeregt, beispielsweise in die Einrichtung von Küchen, Speiseräumen oder Treffpunkten verwenden. Mit welcher Summe Darmstadt Dieburg bedacht wird, ist allerdings noch unbekannt.
Geld in die Kinderbetreuung zu stecken, sei eine höchst profitable Investition, sagt Fries und zitiert zum Beweis eine kürzlich veröffentliche Untersuchung der Universität Bielefeld. Danach bringt ein eingesetzter Euro volkswirtschaftlich den vierfachen Ertrag - weil Arbeitsplätze geschaffen werden, Mütter berufstätig sein können und weniger Allein Erziehende auf Sozialhilfe angewiesen sind.

db

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