Inklusives Wahlrecht
In einer Demokratie äußern sich die Bürgerinnen und Bürger zu politischen Fragen unter anderem durch Leserbriefe, durch Demonstrationen, in Vereinen, aber vor allem indem sie zur Wahl gehen.
Aber was machen eigentlich Menschen mit einer Behinderung? Wie barrierefrei ist der Gang zur Wahlurne?
Bis zum Frühjahr 2019 durften mehr als 85.000 volljährige Menschen mit einer Behinderung oder psychischen Erkrankung in Deutschland nicht wählen. Sie durften weder bei der Bundestagswahl noch an den EU-Wahlen teilnehmen. Von diesen Wahlausschlüssen betroffen waren Menschen mit Betreuung in allen Angelegenheiten.
Diese Ungleichbehandlung wurden im Mai 2019 aus dem Bundeswahlgesetz (§ 13) gestrichen.
Das Bundesverfassungsgericht folgte damit den Argumenten der sich Beschwerenden sowie der Bundesvereinigung Lebenshilfe und des Bundesverbandes Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP).
Und was machen Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder blind sind und ihre Stimme abgeben möchten?
Sie können den herkömmlichen Wahlzettel nicht ausfüllen, weil sie die Namen der Kandidatinnen und Kandidaten oder Partei nicht sehen, oder weil möglicherweise das Wahllokal nicht für einen Rollstuhl ausgelegt ist.
Das Wahllokal sollte daher für alle Menschen zugänglich sein. Dabei muss darauf geachtet werden, dass Parkplätze vorhanden sind, die groß genug für das Aus- und Einsteigen von Rollstuhlnutzerinnen und -nutzer sind, dass die Gehwege zum Wahllokal breit genug sind, dass der Eingangsbereich kontrastreich oder akustisch gekennzeichnet ist und das Türen breit genug sind, um mit einem Rollstuhl hinein zu kommen.
Der Zugang zur Wahlurne sollte schließlich für alle gut erreichbar sein.
Der Bundeswahlleiter hält hierzu auf der Homepage Informationen über die Barrierefreiheit von Wahlräumen für Wahlvorstände und Gemeinden bereit.
Sollten Wahlberechtigte nicht lesen können oder wegen einer Behinderung an der Abgabe der Stimme gehindert sein, so können diese auch auf sogenannte Wahlassistenzen zurückgreifen.
Die Hilfestellung bei der Wahl darf nach § 14 Absatz 5 Bundeswahlgesetz nur technische Hilfe bei der Kundgabe einer von der wahlberechtigten Person selbst getroffenen und geäußerten Wahlentscheidung sein. Hierfür ist auch die Begleitung in die Wahlkabine möglich.
Auch werden blinden Wählerinnen und Wähler in Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverein (DBSV) und dem Bundeswahlleiter bei der Bundestags- und Europawahl im Wahllokal Schablonen zur Verfügung gestellt, die den Inhalt des Wahlzettels in Braille-Schrift darstellen. Auf diese Weise können Blinde und Sehbehinderte weitgehend eigenständig ihre Stimme abgeben.
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