Presse-Archiv 2001

Vier Schulen starten Ganztagsangebote

Prädikat "familienfreundlich"

30.10.2001

Darmstadt-Dieburg - Rapunzelspaghetti mit Käsesoße und Gemüsesalat stärken nach dem Unterricht, anschließend wird in der Radwerkstatt geschraubt und eine Partie Schach eingelegt, bevor die Hausaufgaben dran sind. Jetzt noch ein paar Runden Salsa und Cha Cha Cha, dann ist's halb fünf und Zeit zum Heimgehen. So könnte ein Nachmittag im Schuldorf Bergstraße künftig aussehen. Neben drei weiteren Lehranstalten - der Friedrich-Ebert-Schule und der Schillerschule in Pfungstadt sowie der Peter-Petersen-Schule in Weiterstadt - hat die Gesamtschule jetzt ein offenes Ganztagsangebot für Fünft- bis Zehntklässler gestartet. Die Vier bilden damit gewissermaßen die Vorhut im Landkreis und gehören auch hessenweit zur Spitze einer neuen Bewegung. Das Prädikat "Familienfreundliche Schule", als Aushängeschild vom Landrat und der Ersten Kreisbeigeordneten eigenhändig an die Wand geschraubt, unterstreicht auch für Außenstehende sichtbar ein Qualitätsmerkmal, das heute noch die Ausnahme ist, aber nach dem Willen von Schuldezernentin Celine Fries "so schnell wie möglich" zur Regel werden soll.

Die Teilnahme am Nachmittagsprogramm ist freiwillig. Am Schuldorf Bergstraße zum Beispiel, wo rund 1100 Jungen und Mädchen die Sekundarstufe 1 besuchen, können sich die Eltern aussuchen, an welchen Tagen ihr Kind "Gleitzeitangebote" wahrnimmt, und ein individuelles Paket zusammenstellen. Zur Wahl stehen mehr als vierzig Optionen: Ringen und Rope- Skipping, Theater, Tanz und Literatur, es gibt Flöten- und Blechbläsergruppen, eine Bigband, Selbstbehauptungskurse, Italienisch und Spanisch für Anfänger, Entdeckungsreisen zu Naturphänomenen und etliches mehr. Mitmachen ist weitgehend kostenlos, nur für spezielle Kurse muss ein Beitrag bezahlt werden. Das üppige Sportprogramm verdankt die Schule der engen Kooperation mit örtlichen Vereinen, dem TV Seeheim, dem SCB Seeheim und dem TV Jugenheim. Weil einzelne Arbeitsgemeinschaften in der Vergangenheit bereits bestanden, musste das Schuldorf beim Aufbau der lückenlosen Betreuung, die an manchen Tagen sogar bis in den Abend hineinreicht, nicht ganz bei Null anfangen. Absolut neu - und von den Eltern bei einem Testessen mit Bestnoten bewertet - ist der Mittagstisch von Montag bis Freitag, den ein auf gesunde Vollwertkost spezialisierter Cateringservice ("Radieschen") für 5,50 Mark pro Kopf liefert. Erwachsene zahlen drei Mark mehr. Deutlich erweitert wurde die Hausaufgabenbetreuung; dabei kümmern sich Oberstufenschüler um jüngere Jahrgänge. Eine Anschubfinanzierung des Kreises in Höhe von 219.000 Mark ermöglichte es, eigens eine Pädagogin anzustellen, die das aufwendige Programm organisiert und koordiniert. Ein Teil des Geldes fließt in Einzelprojekte, ein großer Batzen davon dient dazu, alles Nötige von Suppenteller bis Salzstreuer für Küche und Speisesaal anzuschaffen. Die alte Küche des früheren Internats lässt der Kreis gerade entsprechend umbauen. Die Mittel dafür werden aus einem anderen Topf genommen. Der vor allem berufstätigen Eltern willkommene Fortschritt in der Nachmittagsbetreuung für die Altersgruppe zwischen elf und 16 Jahren ist mächtig in Schwung gekommen durch eine Initiative der Kreisspitze, die allein den vier Vorreitern im laufenden Schuljahr eine halbe Million Mark Startgeld und darüber hinaus einen sechsstelligen Betrag für Baumaßnahmen zur Verfügung stellt und sich, wie Landrat Alfred Jakoubek versichert, auch in den kommenden Jahren großzügig zeigen will. Acht weitere Schulen stricken bereits an entsprechenden Konzepten. Prinzipiell könnten alle zwanzig weiterführenden und die sieben Sonderschulen im Kreis ihre Öffnungszeiten erweitern. Dabei gibt es kein Einheitsschema, vielmehr geht jede Schule einen eigenen Weg, der den jeweiligen Gegebenheiten und Bedürfnissen entspricht, sucht sich Partner im örtlichen Vereinsleben, im Rathaus und bei benachbarten Institutionen.

Die Elemente der Nachmittagsbetreuung sind einheitlich Mittagessen, Spiel, Sport und Fördermöglichkeiten, ihrem Charakter als Sonderschule oder Gesamtschule entsprechend, setzt jedoch jede Lehranstalt eigene Akzente.

db

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