Presse-Archiv 2002

Nach Verkauf Genesung in Tierpark und Grünland

Neue Heimat für beschlagnahmte Ziegen

22.10.2002

Darmstadt-Dieburg - Auf Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt hat das Kreis- Veterinäramt 116 beschlagnahmte Ziegen notveräußert. Bei ihren neuen Eigentümern sollen die Tiere ein besseres Leben führen als auf dem "Gnadenbrothof" in Mühltal, wo sie vor drei Monaten konfisziert worden waren. 15 mussten damals, wie berichtet, wegen schwerster irreparabler Schäden eingeschläfert werden. Auch der Rest der Herde befand sich in elendem Zustand. Die Amtstierärzte diagnostizierten unter anderem Räude, Moderhinke, chronische Veränderungen an den Hufen und Gelenkdeformationen. Mit medizinischen Mitteln und vor allem aufwändiger Klauenpflege gelang es zwischenzeitlich, die stark vernachlässigten Tiere wieder einigermaßen aufzupäppeln. "Topfit" sind sie zwar auch heute noch nicht, aber soweit kuriert, dass sie sozusagen die Intensivstation verlassen konnten. Einzeln oder in größeren Gruppen bis zu fünfzig Exemplaren tummeln sich die Böcke, Geißen und Lämmer jetzt in einem Tierpark oder "arbeiten" als Öko-Rasenmäher auf Privatgrundstücken und in der Landschaftspflege. Insgesamt acht Abnehmer, darunter eine Tierschutzorganisation, fand die Behörde in Hessen, Bayern und Rheinland- Pfalz. Dr. Christa Wilczek, die stellvertretende Amtsleiterin, bestand auf der Zusage, dass die Ziegen nicht gleich auf der Schlachtbank landen, außerdem wurden alle Interessenten auf ihre Zuverlässigkeit überprüft. Entsprechend schwierig und mühsam gestaltete sich die Vermittlung.
Der Verkauf brachte im Durchschnitt 15 Euro pro Tier, insgesamt rund 1.700 Euro. Den Einnahmen stehen Kosten von rund 13.000 Euro gegenüber, die seit der Beschlagnahme für Futter, Behandlung und anderes anfielen. Sofern es zu einer Verurteilung kommt, muss die ursprüngliche Besitzerin für diese Summe aufkommen.
Gegen die Inhaberin des "Gnadenbrothofs" erstattet das Veterinäramt Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz und beantragt ein unbefristetes Tierhaltungsverbot. Die Unterlagen gehen in Kürze an die Staatsanwaltschaft Darmstadt.
Den "Gnadenbrothof" hat das Veterinäramt nicht nur wegen der Ziegen im Visier. Erst vor wenigen Wochen hat die Betreiberin ein Bußgeld in Höhe von 2.500 Euro bezahlt. Der Grund: Anfang des Jahres waren Pferde bei nasskaltem Wetter in tiefem Schlamm vorgefunden worden.
Nun muss die Frau mit weiteren Sanktionen rechnen. Ihr stehen Ordnungswidrigkeitsverfahren ins Haus, weil sie Hängebauchschweine ohne die erforderliche Genehmigung im Freiland hält und die Tiere keine Ohrmarken tragen. Auf diese Verstöße gegen die Schweinehaltungshygieneverordnung und die Viehverkehrsverordnung stehen Geldbußen bis zu 25.000 Euro. Mit der angeblichen Tierfreundin hätten die Behörden lange Geduld gezeigt und sie mehr als ein Jahr immer wieder in Gesprächen und mit Schreiben auf die verschiedenen Mängel und Missstände hingewiesen, sagt Dr. Wilczek. Weitgehend erfolglos: Die gesetzlichen Bestimmungen sind bis heute nicht erfüllt.
db

 

 

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