Presse-Archiv 2002

Secondhand-Haushaltsgeräte sind gefragt - Schwarzmarkt für "weiße Ware"?

Kaum fertig, schon weg

31.07.2002

Darmstadt-Dieburg - Wie am Schnürchen läuft das Geschäft beim kreiseigenen Recyclingbetrieb Azur. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres hat die Werkstatt in Alsbach-Hähnlein nach Auskunft von Landrat Alfred Jakoubek bereits 525 Secondhand-Wasch- und Spülmaschinen, Herde, Trockner und Kühlschränke abgesetzt, so viel wie im vorigen Jahr, dem ersten Betriebsjahr, insgesamt. Die günstigen Gebrauchtgeräte, auf die ein Jahr Garantie gewährt wird, sind vor allem für jüngere Leute bei der Gründung des ersten eigenen Hausstands, sowie für Studenten und Rentner mit geringem Einkommen gern genommene Schnäppchen. Auch das Sozialamt des Landkreises kauft hier ein. Für die Werkstattcrew bedeutet der rege Zuspruch Ansporn und Bestätigung. Reparatur und Kundendienst erledigen nämlich sechs seit längerer Zeit arbeitslose Sozialhilfeempfänger, die in jeweils 18 Monate dauernden Beschäftigungsmaßnahmen von einem Elektromeister fachlich fit gemacht werden. Sie hoffen, nach dem erfolgreichen Training wieder im Berufsleben Fuß zu fassen. Das Rohmaterial stammt vom Sperrmüll, alles ausrangierte Haushaltsgeräte, die nur kleine Defekte oder optische Macken aufweisen und zum Wegwerfen zu schade sind.

Die Nachfrage bewertet man bei Azur als absolut zufriedenstellend, der Nachschub allerdings bereitet zunehmend Sorge. Zwielichtige Konkurrenz macht dem gemeinnützigen Betrieb zu schaffen. Immer öfter bekommen passabel aussehende Geräte Beine, bevor der von den ursprünglichen Eigentümern bestellte kommunale Abholdienst eintrifft. "Da sind offenbar professionelle Banden am Werk", vermutet Peter Schad, der technische Betriebsleiter. In osteuropäischen Ländern floriere der Schwarzmarkt mit der so genannten weißen Ware aus dem Westen. Diese Einschätzung teilt er mit Kollegen in anderen hessischen Städten und Kreisen. Die Routenpläne von Sperrmülltransporten beispielsweise seien heiß begehrt, bis zu 1000 Euro würden dafür bezahlt. Bei der Weitergabe entsprechender Informationen wurde unlängst ein Mitarbeiter eines kommunalen Entsorgungsbetriebs in Südhessen erwischt; er erhielt sofort die fristlose Kündigung. Ins Bild passt auch, dass im Ersatzteillager von Azur in Mühltal gelegentlich Kundschaft mit ellenlangen Einkaufslisten auftaucht, die weit über "haushaltsübliche" Mengen hinausgehen, oder sich sogar eigenmächtig selbst bedient: In einem riesigen Schrottcontainer ertappten die Mitarbeiter vor kurzem zwei Gestalten inmitten von aussortierten Herden und Spülmaschinen beim Ausschlachten. Wirksame Mittel gegen dubiose Sperrmüllfledderer gibt es indes kaum. "Das ist ein rechtlich sehr schwieriges Terrain", sagt die Polizei. Bürgern, denen daran gelegen ist, dass ihre ausgemusterten Maschinen nicht in dunklen Kanälen verschwinden, sondern einem ökologisch und sozial vernünftigen Wirtschaftskreislauf zugeführt werden, empfiehlt die Abfallwirtschaft des Kreises, Geräte statt am Vorabend des Abholtermins erst am frühen Morgen auf den Bürgersteig zu stellen.

Wer sich für preiswerte Haushaltsgeräte aus zweiter Hand interessiert, erhält bei Azur telefonisch unter 06257/938327 Auskunft über das gerade aktuelle Sortiment oder kann direkt die Verkaufsstelle in der Rodauer Straße 20 in Hähnlein ansteuern. Dort gelten ab sofort erweiterte Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 7.15 bis 15.45 Uhr, freitags bis 13.45 Uhr.

db

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