Presse-Archiv 2003

Zwiebeln gibt es jetzt frisch vom Feld - Attraktion auf Umstädter Bauernmarkt

Hat sieben Häut, beißt alle Leut

05.09.2003

Darmstadt-Dieburg - Küchenarbeit ist manchmal zum Heulen. Selbst Profiköche vergießen bisweilen Tränen - und bestätigen damit, was der Volksmund von der Zwiebel behauptet: "Hat sieben Häut, beißt alle Leut". Frisch geerntet und deshalb besonders "reizvoll", sind Zwiebeln aus heimischer Produktion jetzt überall auf Wochenmärkten und in Geschäften zu bekommen. Und weil das hessische Ried eines der größten Zwiebelanbaugebiete in Deutschland ist, stellen Bauern und Gastronomen in Darmstadt Dieburg, dem "Kreis der Genießer", die Knollen in den Mittelpunkt einer geschmackvoll-lehrreichen Sonderaktion. Einen Eindruck von der vielseitigen Verwendbarkeit vermitteln in den nächsten Wochen verschiedene Gaststätten, wie der Darmstädter Hof in Nieder-Beerbach, die Thomashütte in Eppertshausen und der Dippelshof in Traisa, die nach Auskunft von Landrat Alfred Jakoubek entsprechende Spezialitäten auf ihre Speisekarte setzen. Am Wochenende des 13. und 14. September kann man sich auf dem traditionellen Bauernmarkt in Groß-Umstadt aus erster Hand über Anbau und Verarbeitung informieren.
Geboten werden unter anderem eine Ausstellung, Broschüren zum Mitnehmen und - am Samstag von 10.30 bis 14 Uhr - deftige Zwiebelsuppe. In dieser Zeit führt Heinz Huthmann vom "Dippelshof" mit gewetztem Messer vor, wie Zwiebeln fix und fachmännisch in feine Würfel zerteilt werden. Wer will, kann mit dem Meister um die Wette schnippeln, allerdings auf eigenes Risiko. Um die Zwiebel dreht sich auch ein Spiel, bei dem es appetitliche Preise abzuräumen gibt. Die Gewinner werden jeweils um 15 Uhr bekannt gegeben.
Der statistische Durchschnittsdeutsche isst 6,3 Kilogramm Zwiebeln im Jahr. Im Unterschied zu anderen Bundesländern könnte in Hessen der gesamte Bedarf mit regionaler Ware gedeckt werden. Und beim Gemüseanbau ist innerhalb von Hessen wiederum der Landkreis Darmstadt-Dieburg absolut spitze, wie die sprichwörtliche "Griesemer Zwewwel", der Zwiebelmarkt und der Fastnachtsruf "Hie Schlott" ahnen lassen. Eine weitere Zahl verdeutlicht die Bedeutung des Produkts: Die Obst- und Gemüsezentrale Rhein-Main in Griesheim macht bis zu 44 Prozent ihres Jahresumsatzes von insgesamt 15 Millionen Euro mit Zwiebeln. Geerntet wurde dieses Jahr etwa zwei Wochen früher als sonst. Wegen Wassermangels, Hitzestress und Sonnenbrandgefahr holten die Roder mancherorts kleinere und weniger Früchte aus dem Boden als in normalen Sommern. Zeit für die Ernte ist übrigens, wenn die Zwiebelschloten oder "Schlotten", also die Blätter, umfallen. Sie werden dann maschinell abgeschnitten, "abgeschlegelt" sagt der Landwirt. Anschließend fördert man die "Bulben" - so nennt der Fachmann die Zwiebeln - zu Tage und lässt sie in Reihen, so genannten Schwaden, trocknen. Dadurch reduziert sich der Wassergehalt, die Zwiebeln sind weniger druckempfindlich und länger haltbar. Dank der starken natürlichen Solarenergie konnten die Bauern diesmal auf den üblichen kostspieligen zweiten Trockenvorgang in Belüftungsanlagen weitgehend verzichten. Inzwischen sind die verdorrten Schloten untergepflügt und bereits Winterzwiebeln gesät worden. Stichtag für die Sommerzwiebelaussaat ist der 21. März. Da hält man sich an die Bauernregel: Benedikt macht die Zwiebeln dick. In der Regel werden pro Hektar dreieinhalb Kilo Samen ausgestreut, das sind rund 875.000 Körner, von denen allerdings bei weitem nicht jedes aufgeht.
Lustmacher und Rachenputzer
Abgesehen von ihren Einsatzmöglichkeiten in der Küche sind Zwiebeln, lat. Allium cepa L., geradezu ein Wundermittel gegen alle möglichen Malaisen und dabei mit 32 Kalorien pro 100 Gramm auch noch figurfreundlich. Die bioaktive Substanz Allizin, eine medizinisch hoch wirksame Schwefelverbindung, ätherische Öle und andere Inhaltsstoffe helfen beispielsweise gegen Husten und Schnupfen, bei Nieren- und Blasenbeschwerden, Durchblutungsstörungen und Appetitlosigkeit. Blutdruck und Cholesterinspiegel werden günstig beeinflusst, und angeblich steigern die runden Scharfmacher auch die Libido. Manche Ratgeber empfehlen als Tagesdosis mindestens eine Knolle.
Das wussten wohl auch die äyptischen Sklaven, die einst am Bau der Cheops- Pyramide schufteten und zum Schutz vor Infektionen und Mangelerscheinungen hauptsächlich mit Zwiebeln und Rettich verpflegt wurden. Als Nachschub ausblieb, sollen die Arbeiter, so ist überliefert, sogar in Streik getreten sein. Nicht umsonst heißt es heute noch: "Schon die Zwewwelsupp allaa hilft man chem Kranke uff die Baa."
Mehr Informationen zur Aktion "Frisch und lecker im Kreis der Genießer" im Internet, www.ladadi.de, Rubrik Freizeit, Frisch und lecker.
db

 

 

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