Presse-Archiv 2004
Gelebte Fürsorge - Immer mehr Kinder brauchen ein neues Zuhause
Dankeschön für Pflegeeltern
25.10.2004
Darmstadt-Dieburg - Als Zeichen der Wertschätzung bereitet Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries den Pflegeeltern im Landkreis mitsamt ihren Schützlingen ein Fest. Anders als in den regelmäßig angebotenen Seminaren des Jugendamtes stehen dabei Erziehungsprobleme und Alltagssorgen einmal nicht im Mittelpunkt. Ausgelassen und heiter soll es zugehen bei dem großen Familientreffen am Samstag (30.) im Bürgerzentrum in Nieder-Ramstadt; dafür sorgen schon "Clown Otsch und das Gespenst".
Als der Kreis vor zehn Jahren zum ersten Mal zu einem solchen Dankeschön-Nachmittag einlud, kamen rund 30 Leute, diesmal werden über 200 Gäste erwartet. Die starke Resonanz führt Fries darauf zurück, dass in den zurückliegenden Jahren
vor allem durch Schulungen ein enger Kontakt zum Pflegekinderdienst und untereinander hergestellt worden sei und sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt habe. Andererseits würden immer mehr "Ersatzeltern" gebraucht: Hatte das Jugendamt 1995 acht Kinder unterzubringen, sind es inzwischen mehr als doppelt so viele, rund zwanzig im Jahr. Zurzeit leben im Landkreis 110 Kinder und Jugendliche - die meisten im Alter zwischen einem und neun Jahren - in einer fremden Familie, weil ihre eigenen Eltern nicht in der Lage sind, sie angemessen zu versorgen und zu betreuen. "Die Kleinen lechzen förmlich nach einem intakten Zuhause", beschreibt Regina Bäumchen vom Pflegekinderdienst die Stimmungslage der betroffenen Mädchen und Jungen. Überfordert sind besonders häufig allein erziehende Mütter, oft junge Frauen, die selbst kaum Nestwärme erfahren durften. Oft führt Drogenabhängigkeit oder eine psychische Erkrankung dazu, dass sich die eigentlich Verantwortlichen nicht um ihren Nachwuchs kümmern können; Großeltern, Onkel und Tante kommen als Alternative meist nicht in Betracht. "In solchen Situationen ist es ein Glück, dass wir auf fürsorgliche Menschen bauen können, die mit Herz und Verantwortung einspringen", so Bäumchen. Finanziell jedenfalls ist es nicht sonderlich lukrativ, ein fremdes Kind aufzunehmen. Die Aufwandspauschale geht für Kleidung, Schulsachen und ähnliches drauf, und von dem Erziehungsbetrag von 185 Euro kann man kaum reich werden. Paare, die sich als Ersatzfamilie anbieten, bewegen andere Gründe: Oft spielt die religiöse oder soziale Einstellung eine Rolle, einige können keine Kinder bekommen, scheuen aber eine Adoption, andere wünschen sich für ihr Einzelkind ein Geschwisterchen oder hätten am liebsten "eine halbe Fußballmannschaft" im Haus, manche wollen "einfach helfen". Sie nehmen damit eine schwierige, aber auch erfüllende Aufgabe auf sich. Die neuen Familienmitglieder, die vielfach traumatische Erfahrungen, Gewalt und schlimme Vernachlässigung erleben mussten, benötigen oft lange Zeit viel Zuwendung und Geduld, brauchen ein stabiles Umfeld, um selbst ins Gleichgewicht zu kommen.