Presse-Archiv 2004

Kreis erinnert an Christian Stock

24.08.2004

Seeheim-Jugenheim - Den hundertzwanzigsten Geburtstag von Christian Stock am 28. August nimmt Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries zum Anlass, an den früheren Hessischen Ministerpräsidenten und engagierten Sozialpolitiker zu erinnern. Der Name ist in seiner Wahlheimat Seeheim vor allem durch das nach ihm benannte Sportstadion ständig präsent, doch sonst können viele Menschen heute damit nur noch wenig verbinden, glaubt Fries.

Stock gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg beim Neuaufbau einer freiheitlichen, demokratischen und sozialen Gesellschaft zu den "Männern der ersten Stunde" und orientierte sich zeit Lebens vor allem an einem Ziel, der Förderung Benachteiligter - und das sicher auch aufgrund eigener Erfahrungen. Als Sohn eines Zigarrenarbeiters stammte Christian Stock aus bescheidenen Verhältnissen; an den Besuch einer weiterführenden Schule war damals nicht zu denken. Also trat der Junge zunächst beruflich in die Fußstapfen seines Vaters, nutzte aber eifrig Fortbildungsangebote der Arbeiterbewegung, belegte Kurse, die von Studenten der Technischen Hochschule Darmstadt angeboten wurden, und schaffte mit 26 Jahren den Aufstieg zum hauptamtlichen Bezirkssekretär des Deutschen Tabakarbeiterverbandes für Südhessen, die Pfalz und Nordbaden. In Darmstadt geboren, in Pfungstadt aufgewachsen, dann in Heidelberg gelandet, musste Stock im Ersten Weltkrieg an die Front. 1920 wurde er als Leiter eines Untersuchungsausschusses ins Reichswehrministerium gerufen, 1921 für vier Jahre in die Weimarer Nationalversammlung gewählt. Stock profilierte sich als Experte für Krankenkassen, Berufsgenossenschaft und Fürsorgeeinrichtungen, stand als Direktor an der Spitze der Allgemeinen Ortskrankenkasse Heidelberg, dann Frankfurt. 1933 sperrte das NS-Regime den altgedienten Sozialdemokraten ins badische Konzentrationslager Kislau.

Nach seiner Freilassung ließ sich Stock in Seeheim nieder und betrieb zunächst dort, später in Darmstadt einen Tabakwarenladen. Als Deutschland in Trümmern lag, war auch sein Fachwissen wieder gefragt und die Besatzungsmacht ernannte ihn zum Präsidenten der Landesversicherungsanstalt. Höhepunkt seiner politischen Karriere war am 20. Dezember 1946 die Wahl zum Hessischen Ministerpräsidenten. In seine Amtszeit fielen der demokratische und wirtschaftliche Aufbau des Landes. Als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz war er intensiv mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland befasst. 1951 übergab er das Amt seinem Nachfolger Georg August Zinn.

Die Gemeinde Seeheim ernannte Christian Stock 1952 zu ihrem Ehrenbürger. Er starb am 13. April 1967 und liegt auf dem Alten Friedhof an der Laurentiuskirche begraben. Kurz vor seinem Tod legten er und seine Frau mit der Christian und Anni Stock-Stiftung den Grundstock für eine gezielte Förderung von Kindern aus wenig begütertem Haus, von dem nachfolgende Generationen zehren sollten. Seitdem erhalten jedes Jahr einige ausgewählte Schülerinnen und Schüler des Schuldorfs Bergstraße, die sich durch Leistung und soziales Engagement auszeichnen, Stipendien. Wie Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries, kraft Amtes zurzeit Stiftungsvorsitzende, ankündigt, können sich in diesem Jahr acht junge Leute auf eine Unterstützung in Höhe von jeweils 1200 Euro freuen. Ihre Namen werden jedoch bis zum Verleihungstermin am 15. September geheim gehalten.

In dieser Stiftung lebt der Geist Christian Stocks weiter ebenso wie in dem 1987 gebauten Sportstadion, das die Gemeinde ihm gewidmet hat, betont Bürgermeisterin Brigitte Kruza. Zwei Schulen, und 17 Vereine, unter anderem Turn- und Fußball-, Rad-, Roll- und Kraftsportvereine, die Versehrtensportgemeinschaft, Boule-Spieler und Freizeit-Trimmer, sind dort aktiv, zahlreiche Sonderveranstaltungen wie Landeswettbewerbe oder die Fußballturniere der Lufthansa mit internationaler Beteiligung finden dort statt. Damit ist das Christian-Stock-Stadion ein Ort, an dem sich Menschen unterschiedlicher Herkunft und Fähigkeiten begegnen und ein Raum, wo jeder sich nach seinen Möglichkeiten weiter entwickeln kann.

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