Presse-Archiv 2005

Neuer Fünf-Jahres-Plan - Angebotsvielfalt soll bleiben

Die Zukunft der Schulen im Kreis

02.09.2005

Darmstadt-Dieburg - Der demografische Wandel zu mehr älteren und weniger jungen Menschen schlägt im Landkreis vorerst weit weniger durch als in anderen Teilen Hessens. Erste Anzeichen sind jedoch auch hier erkennbar und führen dazu, dass sich die Akzente in der Schulpolitik in den kommenden Jahren verschieben. Ein neuer Schulentwicklungsplan (SEP) beschreibt die Perspektiven der 80 Schulen im Kreis bis zum Jahr 2010. Schuldezernentin Celine Fries hat den mehr als 500 Seiten starke Entwurf jetzt dem Kreistag vorgelegt.

In fünf Jahren besuchen voraussichtlich 31.561 Kinder und Jugendliche die allgemeinbildenden Schulen im Kreis - 200 weniger als heute. Mit 0,6 Prozent ist dies eigentlich ein kaum nennenswerter Rückgang. Trotzdem sind die Auswirkungen beträchtlich. Im Schuljahr 2009/2010 rechnet Fries nur noch mit 1.239 statt der bisherigen 1.315 Klassen (76 Klassen, knapp 6 Prozent minus). Der Grund: Die örtlich sehr unterschiedliche Entwicklung führt dazu, dass vielfach die Zahlen knapp unter der Teilgrenze bleiben, so dass dann jeweils eine große Klasse entsteht und nicht zwei kleine gebildet werden. Jenseits der sich daraus ergebenden pädagogischen Fragen, für die der Landkreis jedoch nicht zuständig ist, erwachsen aus diesem Trend durchaus Vorteile. Die teilweise unter beengten Verhältnissen arbeitenden Lehranstalten gewinnen Platz für Fachräume, können freie Kapazitäten beispielsweise für vermehrte Ganztagsangebote nutzen. Und der Druck auf den Schulträger, ständig neue Klassenzimmer zu schaffen (1997 bis 2004 171 Räume für rund 20 Millionen Euro), geht zurück. "Wir müssen trotzdem weiterhin viel Geld in die Hand nehmen - nur eben für andere Schwerpunkte", betont Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries.

Bewegung beim Sport

Vor allem bei Sportstätten bestehe "erheblicher unabdingbarer Zubaubedarf". Solche Projekte seien verhältnismäßig teuer; eine Drei-Feld-Halle etwa koste mit rund vier Millionen Euro so viel wie acht kleinere Schulerweiterungen. Dringend mehr Raum für den Sportunterricht benötigen die Friedrich-Ebert-Schule in Pfungstadt, die seit der Einführung fünfter Gymnasialklassen einen anhaltend starken Zuspruch erlebt, und das Schuldorf Bergstraße (Seeheim-Jugenheim), wo der heranwachsende internationale Zweig die bereits erkennbare Lücke auf dem Campus in Zukunft noch deutlicher spürbar werden lässt. Eine neue Sporthalle ist ebenfalls vorgesehen für die Albert-Schweitzer-Schule in Groß-Zimmern, außerdem ein Raum für psychomotorische Übungen an der Peter-Petersen-Sonderschule in Weiterstadt. Fries weist darauf hin, dass der Kreis die vorhandenen 35 Schulsporthallen in den zurückliegenden Jahren für rund 5 Millionen Euro auf Vordermann und damit zum Ausdruck gebracht habe, welch hohen Stellenwert man einem ordentlichen Bewegungsangebot beimesse.

Insgesamt elf mehr oder minder große Bauvorhaben mit einem Investitionsvolumen von rund 28 Millionen Euro verzeichnet der neue Schulentwicklungsplan. Dazu gehören auch, wie berichtet, neue Domizile für die noch zweigeteilten Grundschulen in Weiterstadt- Gräfenhausen (Schlossschule) und Babenhausen-Hergershausen (Bachwiesenschule).

Stütze für "Wackelkandidaten"

Schuldezernentin Fries will das breite Bildungsangebot im Landkreis aufrecht erhalten und keine Schulzweige schließen. In dieser Haltung weiß sie die Koalitionsfraktionen von SPD, FDP und Freien Wählern hinter sich. Die Aussage zielt auf jene Schulen, die vor einiger Zeit vom Kultusministerium Blaue Briefe erhalten hatten, weil Richtwerte für durchschnittliche Klassengrößen und Jahrgangsbreiten, die das "Dritte Gesetz zur Qualitätssicherung" erstmals vorgibt, nicht erreicht würden. Vor allem durch "lenkende Maßnahmen" seitens des Staatlichen Schulamtes sollen die Wackelkandidaten gefestigt werden. Das gilt beispielsweise für die Stephan-Gruber-Schule in Eppertshausen, deren Förderstufe und Realschulzweig schwächeln, während die Schule Auf der Aue im benachbarten Münster fast überläuft. Diese Ungleichgewicht könnte ausbalanciert werden, wenn sich mehr Eppertshäuser Eltern für die Schule am Wohnort entschieden. Ähnlich verhält es sich in Weiterstadt, wo die Hessenwaldschule trotz gymnasialen Angebots ab Klasse 5 unter der Nähe zu Darmstadt leidet. Abgesehen von einer Intervention des Staatlichen Schulamtes hält es die Erste Kreisbeigeordnete für geboten, dass die betroffenen Schulen im eigenen Interesse an ihrem Image feilen, ihre Stärken stärker publik machen, um ihre Anziehungskraft zu erhöhen. Als ihr größtes Sorgenkind bezeichnet Fries die Modautalschule in Ernsthofen, der es zunehmend an Nachwuchs mangelt. Die Vorgabe von mindestens 23 Kindern pro Jahrgang in der Förderstufe wird nicht erreicht. In diesem Fall reklamiert die Schuldezernentin eine Ausnahme. Die ist laut Schulgesetz möglich, "wenn der Besuch einer anderen Schule unter zumutbaren Bedingungen, insbesondere aufgrund der Entfernung, nicht möglich und ein regional ausgeglichenes Bildungsangebot nicht mehr gewährleistet ist."

Nach dem Prinzip "Kurze Beine, kurze Wege" will Fries auch bei zukünftig möglicherweise rückläufigen Geburtenzahlen auf keine der 54 Grundschulen verzichten. Selbst Zwergschulen auf dem Dorf wie die Wiebelsbacher Schule mit 41, die Geißbergschule in Klein-Zimmern mit 65 oder die Heubacher Schule mit 73 Kindern hätten ihre Existenzberechtigung.

Im Unterschied zu früheren Ausgaben enthält der neue SEP nur wenige schulorganisatorische Änderungen. Diese betreffen die Joachim-Schumann-Schule in Babenhausen (statt integrierte künftig kooperative Gesamtschule), die Wendelinussschule in Groß-Umstadt (Trennung der Grund- und Sprachheilschule in selbständige Einheiten) und das Schuldorf Bergstraße mit der Einführung eines internationalen Schulzweigs sowie der Eingliederung der bisher eigenständigen Grundschule.

Prozedere

Der neue Schulentwicklungsplan kommt ein Jahr früher als nach dem üblichen Rhythmus vorgesehen. Anlass sind veränderte Vorgaben durch die Novelle des Hessischen Schulgesetzes. Aufgrund des Zeitdrucks sei es nicht möglich gewesen, ein abgestimmtes, gemeinsames Zukunftspapier mit der Stadt Darmstadt zu entwickeln, obwohl beide Seiten dies gewünscht und geplant, bedauert Fries. Zwischen Kreishaus und Rathaus gebe es jedoch bei wichtigen Fragen den "kurzen Draht". Die parlamentarische Beratung des SEP können Interessierte am 26. September im Landratsamt Kranichstein verfolgen (Beginn 13.30 Uhr). Nach der Verabschiedung im Kreistag wird das Papier dem Kultusministerium zur Genehmigung vorgelegt.

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