Presse-Archiv 2005

Arbeitsgemeinschaft Hessischer Frauenbüros zu Hartz IV

"Lasst euch nicht zu eng umarmen"

20.07.2005

Im Kurfürstensaal des Heppenheimer Amtshofes tagten am vergangenen Donnerstag rund 70 von 120 Hessischen Frauenbeauftragten  der Landesarbeitsgemeinschaft bei ihrem dritten Treffen in diesem Jahr.

Gern gesehene Gäste bei der Hessischen Landesarbeitsgemeinschaft sind bei diesen Sitzungen auch die Fachfrauen aus dem Hessischen Sozialministerium.

Dr. Dörthe Folkers und Nancy Gage Lindner berichteten den Frauenbeauftragten vom Umsetzungsbeirat zur Arbeitsmarktreform und den Fortschritten beim Hessischen Landesaktionsplan gegen häusliche Gewalt.

„Es ist schön, wenn Sie aus dem, was Sie vorfinden auch konstruktiv etwas machen  mit uns, anstatt nur zu motzen“ lobte Folkers die Ideen der Landes-AG zur SGB II- Umsetzung , die sich regelmäßig im Frankfurter Frauenreferat trifft.

Kritik von den Frauenbeauftragten gibt es bei der Umsetzung von „Hartz IV“ vor allem an den Mängeln bei der Zielgruppenanalyse für die erfassten Langzeitarbeitslosen. „Die unterschiedliche Situation von langzeitarbeitslosen Frauen und Männern wird größtenteils gar nicht abgebildet,“ so Landessprecherin Dagmar Zeiß vom Landkreis Darmstadt-Dieburg. „Für meinen eigenen Kreis weiß ich, dass der Frauenanteil bei 51 Prozent liegt und 16% aller Bedarfsgemeinschaften aus alleinerziehenden  Frauen bestehen, aber wo ist das sonst noch der Fall?“

Spezifische Angebote für Frauen, die Chancengleichheit am Arbeitsmarkt nachweislich fördern, sollen – so ein Projektvorschlag -  hessenweit erfasst und sichtbar gemacht werden.

Das Sozialministerium kooperiert.

„Hoffentlich nicht nur nach außen hin“ – wie in der anschließenden Aussprache einige der Frauenbeauftragten monierten.

Kritikpunkte an der politischen Position der Landesregierung benannten die Frauenbeauftragten  vor allem rund um die Novellierung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes. Auf dem diesjährigen Hessentag hatte Staatssekretär Gerd Krämer eine Fortschreibung des Gesetzes als „sicher“ bezeichnet.

Fortschreiben ja, aber wie? fragte sich unter anderem Kornelia Schäfer, die mit der Ausstattung ihres Frauenbüros im Wetteraukreis in eine hessenweite vergleichende Haushaltsprüfung geraten ist. Die Wirtschaftsprüfer: Rödl&Partner aus Nürnberg. Auftraggeber: Der Landesrechnungshof.

Fast zeitgleich startete das Sozialministerium in diesem Sommer eine Umfrage zum Gleichberechtigungsgesetz, die über den Landkreis- und Städtetag, sowie den Städte- und Gemeindebund die Kommunen erreichte. Tenor: „Ist das Gesetz weiterhin notwendig?“

„Und wenn nein, warum nicht?“ dichtete Landessprecherin Hildegard Hast aus Fulda weiter und erklärte: “Wir wissen ja aus den Konsolidierungsvorschlägen des hessischen Finanzministeriums schon aus dem letzten Jahr, dass Gleichberechtigung zum Nulltarif eine beliebte Variante ist.“

Zu den „Entlastungsvorschlägen zu Rechtspflichten der Gemeinden“ im Papier des Finanzministeriums gehört auch die Beschreibung der Maßnahme: „Wegfall oder Reduzierung der Verpflichtung Frauenbeauftragte zu bestellen“. Für 120 Kommunen wurde je eine hauptamtliche Stelle weggerechnet.   „Unsere Stellen!“ betonte Hast vor der Versammlung der Frauenbeauftragten. 

Obwohl eingestuft als „wenig ertragreiche“ Sparmaßnahme, trifft alleine der Vorschlag einen frauenpolitischen Nerv bei der LAG.

„Das Hessische Sozialministerium unter Ministerin Lautenschläger ist bisher auf allen Ebenen gesprächsbereit und beteiligt uns,“ hielt Zeiß abschließend fest.     

„Lasst Euch nicht zu eng umarmen und bleibt bei grundsätzlichen frauenpolitischen Forderungen!“ riet die Darmstädter Frauenbeauftragte Barbara Akdeniz, die zur Zeit der Operation Sichere Zukunft Landessprecherin gewesen ist. „Sonst werdet ihr höflich abgeschafft.“   

Die öffentliche Diskussion zur Fortschreibung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetztes indes überlassen die Frauenbeauftragten nicht dem Zufall:

Am 7. Oktober ist eine große Fachtagung in Frankfurt vorgesehen.

Von der guten Theorie zur Praxis fordern die Frauenbeauftragten in Bezug auf die Umsetzung des Hessischen Landesaktionsplans zur Bekämpfung der Gewalt im häuslichen Bereich. Zwar sind in den Regionen bereits große Fortschritte in der Zusammenarbeit  von staatlichen Institutionen und Beratungsstellen und Frauenhäusern sowie dem Gesundheitswesen gemacht worden,  „jedoch sind wir von einer finanziellen Absicherung des notwendigen Hilfesystems bei Fällen häuslicher Gewalt  ebenso weit entfernt, wie von einer Versorgung die dem Bedarf entspricht“ so die Landesprecherin Irmgard Schüler.

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