Presse-Archiv 2005

Anderthaljähriges Hickhack mit Bauherrn spitzt sich zu

Wohn- und Betriebsgebäude von illegalem Ausmaß

14.04.2005

Erzhausen - Mit einem offenbar auf die Schnelle inszenierten Einzug haben die Bauherrn eines eigenmächtig aufgeblähten Gebäudekomplexes in der Südlichen Ringstraße am Donnerstag die amtliche Versiegelung aller Eingangstüren vorerst abgewendet. Mit Rücksicht auf Frau, Säugling und Hund zogen die Mitarbeiter der Bauaufsicht des Kreises unverrichteter Dinge ab. "Aber wir kommen wieder und werden weitere Arbeiten in dem illegalen Wohn- und Gewerbegebäude unterbinden - notfalls mit polizeilicher Hilfe", kündigt Baudirektor Wolfgang Klos an. "Die Eigentümer haben lange genug versucht, uns auf der Nase herumzutanzen."

Seit anderthalb Jahren liegen beide Seiten im Clinch. Selbst wiederholte Baustopps, Zwangs- und Bußgelder hielten die Bauherrn, zwei Brüder, nicht davon ab, den neuen Sitz ihres Handwerksbetriebs auf rechtswidrige Dimensionen anwachsen zu lassen. Klos bezeichnet ihr Verhalten als geradezu dreist.

Beantragt und im März 2003 genehmigt waren ein Doppelhaus für Wohnungen und Büros mit Keller, Parterre, Ober- und Dachgeschoss, dazu ein ebenerdiges Lager. Schon bei der ersten Kontrolle im September gab es Beanstandungen: Entgegen den Plänen waren für die Halle ein Keller

und für die Häuser statt eines zwei Untergeschosse ausgehoben worden. Die Arbeiten wurden untersagt und die Brüder aufgeklärt, dass sie für ihre neuen Ideen eine neue Genehmigung brauchten. In der Folgezeit legten die Bauherrn etappenweise modifizierte Pläne im Landratsamt vor und gingen angeblich davon aus, im so genannten freigestellten Verfahren, bei dem die Behörde die Unterlagen zur Kenntnis erhält, nicht aber prüfen und genehmigen muss, sei die Angelegenheit damit erledigt. Ein "Irrtum", denn dieses gilt nicht für Gebäude der gewünschten Art und Höhe. Ein weiteres Hindernis für ihr Vorhaben ist der aktuelle Bebauungsplan für das Gewerbegebiet, der eine entsprechende Traufhöhe nicht zulässt. Die Gemeinde beabsichtigt, die planungsrechtlichen Eckpunkte in naher Zukunft zu ändern, doch so weit ist es noch nicht.

Obwohl die Baukontrolleure des Kreises die Baustelle häufig inspizierten und immer wieder Arbeiten untersagten, den Rückbau anordneten und Zwangsgelder verhängten, ließen sich die Männer offenbar nicht beeindrucken und die Handwerker kaum bremsen. Das Lager sprengt inzwischen alle Grenzen: Ursprünglich als eingeschossige Stahlkonstruktion genehmigt, umfasst es heute zusätzlich Keller, Ober- und Dachgeschoss, alles massiv gemauert. Auch das Doppelhaus ist höher "geraten" als genehmigt. Zudem sind beide Trakte mit großflächigen Terrassen und Balkonen verbunden. All das entspricht nicht einmal den nachgereichten Unterlagen. Als Warnschuss hatte die Bauaufsicht im Februar dieses Jahres die Dachgeschosse versiegelt, um den weiteren Ausbau zu stoppen - offenbar ohne Wirkung. Deshalb sollte nun das schwarz-rote Siegel des Kreises auf den fünf Außentüren angebracht werden, um den Zutritt vollständig zu verhindern. Dies musste die Behörde vorher ankündigen. So blieb den Bauherrn genügend Zeit, zumindest den Anschein zu erwecken, als würde dort schon gewohnt. Ein zweiter Anlauf kann jedoch überraschend erfolgen und dann ist es auch möglich, Personen hinauszuweisen. Sollten sich die beiden Erzhäuser dann über das Verbot hinwegsetzen, riskieren sie eine Strafanzeige. Siegelbruch wird mit bis zu einem Jahr Gefängnis geahndet. Schon jetzt hat der Kreis den Brüdern einige Rechnungen geschickt. Zwangs- und Bußgelder sowie Gebühren für bauaufsichtsrechtliche Verfügungen summieren sich bisher auf rund 21.800 Euro. Weitere Ordnungswidrigkeitsanzeigen mit empfindlich hohen Bußgeldern kommen demnächst noch hinzu.

Baudirektor Klos hat in diesem wie in vergleichbaren anderen Fällen den Eindruck, dass "manche Bauherrn ziemlich kaltschnäutzig den Zollstock ignorieren". Allem Anschein nach erhöhe auch das mit der neuen Bauordnung im September 2002 eingeführte freigestellte Verfahren die Versuchung, Pläne großzügig auszulegen in der Hoffnung, die Bauaufsicht werde es schon nicht bemerken. Hinweise kämen oft von Nachbarn. Bis zum Äußersten lassen es nur wenige Betroffene kommen. Erst vor ein paar Monaten war aber auch in Groß-Umstadt nach längerem "Vorspiel" erst das amtliche Siegel letztlich das Signal, das den Besitzer eines neuen Mehrfamilienhauses zur Einsicht brachte: Er musste das Dach demontieren und fünfzig Zentimeter tiefer legen lassen.

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