Presse-Archiv 2005

Selbst Architekt und Prüfstatiker distanzieren sich von Bauherrn

Bauaufsicht versiegelt Wohn- und Betriebsgebäude

22.04.2005

Erzhausen - Im zweiten Anlauf hat das Bauamt des Kreises am Freitag abend alle Eingänge eines ohne Genehmigung errichteten Wohn- und Gewerbeanwesens in der Südlichen Ringstraße versiegelt, um weitere Arbeiten zu unterbinden. Die Bauherrn, zwei Brüder, versuchten zwar, den Eingriff zu verhindern, wurden jedoch von der Polizei "zur Räson" gebracht.

Indem sie das Vorhaben den eigenen Plänen zuwider umsetzten, hätten sich die Eigentümer selbst in die missliche Lage hineinmanövriert, meint die Bauaufsicht. Ihr Architekt und der für die Statik zuständige Prüfingenieur gehen inzwischen auf Distanz zu den Bauherrn und lehnen gegenüber der Behörde die Verantwortung ab für das, was da entstanden ist. Wie berichtet, waren ursprünglich ein unterkellertes dreigeschossiges Doppelhaus mit Büros und Wohnungen sowie ein lediglich eingeschossiges Lager geplant und - im März 2003 - auch genehmigt worden. Wenige Monate später erfolgte der erste Baustopp, verbunden mit einem Bußgeld in Höhe von 17.400 Euro, weil schon beim Aushub der Keller von der Genehmigung abgewichen wurde. Offenbar nun in größeren Dimensionen denkend, reichten die Bauherrn in der Folgezeit Unterlagen nach, die für das Doppelhaus ein weiteres Kellergeschoss und veränderte Dachgauben vorsahen, für das Lager zusätzlich Keller, Ober- und Dachgeschoss. Nach der Papierform hätte das Projekt weitgehend im Rahmen des neu eingeführten so genannten freigestellten Verfahrens ohne Genehmigung der Bauaufsicht abgewickelt werden können. Nur hielten sich die Bauherrn nicht daran. Statt die noch in den Plänen ausgewiesene Höhe von 7 Metern - gemessen von der natürlichen Geländeoberfläche bis zum Fußboden des Dachgeschosses - einzuhalten, wuchs das Doppelhaus auf 7,30 Meter, das Lager auf 7,08 Meter. Damit war die magische Grenze überschritten und ein förmliches Genehmigungsverfahren zwingend erforderlich. "Das Bauamt hat hier keinerlei Ermessensspielraum", betont Wolfgang Klos, der zuständige Mann im Landratsamt. Zudem weicht die gesamte Dachkonstruktion von den Plänen ab und ist, weil die derzeit mit 8,50 Meter festgesetzte Traufhöhe um einen Meter beziehungsweise um 80 Zentimeter überschritten wird, erst zulässig nach einer rechtskräftigen Änderung des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet. Da diese Änderung noch aussteht und die Bauherrschaft trotz Verbots weiterarbeiten ließ, wurden die Dachgeschosse im Februar vom Bauamt versiegelt.

Unabhängig von der Frage des Genehmigungsverfahrens lastet die Bauverwaltung den Bauherrn etliche weitere Versäumnisse an. So muss beispielsweise die Bewehrung der Decken jeweils vor dem Betonieren von einem Sachverständigen in baustatisch-konstruktiver Hinsicht geprüft und abgenommen werden. Abgesehen von einer Baubeginnsanzeige bekam die Bauaufsicht jedoch keinerlei Nachweise zu Gesicht. Spätestens mit Fertigstellung des Rohbaus hätte die "Unbedenklichkeitsbescheinigung" des Prüfingenieurs dort vorliegen müssen. Das Bauamt ist verpflichtet, dies zu überwachen. Um nicht womöglich selbst bei eventuellen Schäden mit haftbar gemacht zu werden, blieb der Behörde als letztes Zwangsmittel nur die Versiegelung des kompletten Gebäudekomplexes.

"Die Bauherrnschaft muss nun einen neuen Bauantrag stellen", erklärt Baudirektor Klos. "Es besteht die Möglichkeit, für einzelne Abschnitte Teilnutzungen zu genehmigen."

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