Presse-Archiv 2005

Propagandisten schwirren unverrichteter Dinge ab

Kein Geschäft zu machen

15.12.2005

Pfungstadt/Mühltal - Erneut konnten reisende Verkäufer mit Lockvögeln und billiger Ware für teures Geld im Landkreis nicht landen. In Mühltal schwirrten zwei Propagandisten schon ab, bevor Mitarbeiter des Kreis-Gewerbeamtes auftauchten, in Pfungstadt musste eine Berufskollegin ihr Kleinbus-füllendes Sortiment einpacken und unverrichteter Dinge abziehen - Ordnungswidrigkeitsanzeige mit Bußgeldforderung folgt.

Ähnliche Fälle, unter anderem in Dieburg, Roßdorf und Pfungstadt, hatten die Behörde in den zurückliegenden Wochen wiederholt auf den Plan gerufen. Die Masche ist immer gleich: Ältere Leute werden per Brief oder telefonisch zu "Informationsveranstaltungen" in ein Lokal eingeladen, wo angeblich kostbare Geschenke, kostenlose Verpflegung und tolle Gewinne auf sie warten. Wenn sie überhaupt etwas bekommen, ist es von minderwertiger Qualität. Den wortgewandten Verkäufern kommt es jedoch vor allem darauf an, die Gäste zum Kauf wundersamer Waren zu animieren. Solche Wanderlager müssen beim Landratsamt angemeldet werden, was die Veranstalter regelmäßig "vergessen". Sie bekämen auch gar keine Erlaubnis, denn die Gewerbeordnung untersagt, mit unentgeltlichen Zuwendungen oder Gewinnen zu werben.

Der Lockvogel beim Gratis-Kaffeekränzchen in Mühltal-Traisa sollte ein Warenkorb mit Wurst, Käse, Kartoffeln, Wein und Gemüsekonserven sein, obendrauf noch ein Reisegutschein über 200 Euro und als "Treue-Prämie-Ehepaare" ein großes Pflegeset im Wert von 149 Euro. Von all dem bekamen die rund 30 angereisten Gäste ("Kommen Sie pünktlich. Herren nur in Begleitung ihrer Partnerin") nichts zu sehen, allerdings entgingen sie auch der Gefahr, möglicherweise von Wortschwällen eingelullt unvorteilhafte Kaufverträge zu unterschreiben. Vor dem großen Anpreisen hatten sich die Werber nämlich mit dem Wirt zerstritten, weil sie den vorher fest vereinbarten Preis für Kaffee und Kuchen drücken wollten. Sie waren daraufhin sang- und klanglos davon gefahren. Ihre Personalien sind nicht bekannt.

Auch in Pfungstadt endete das Spiel, bevor es richtig losging. Dort hatte eine Firma für "Gesundheitsmanagement" mit Sitz in Rostock per Fax für acht Tage einen Nebenraum mit fünfzig Plätzen gebucht. Davon erfuhren die Kontrolleure des Kreises und überraschten die Abgesandte des Unternehmens. Der Bus mit den Gästen steckte zu diesem Zeitpunkt noch im Stau. Für ihre Ankunft war schon alles vorbereitet: so genannte Partnergeschenke, eine Reisetombola, Magnetfelddecken, Messersets, Bügeleisen, Massageeinlagen, Alpenkräuter-Emulsion, Messgeräte für magnetische Wechselfelder und sonst noch einiges. Die aus Vechta stammende 43-jährige Verkäuferin musste ihren Kramladen wieder einpacken. Ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ist ihr sicher. Ob sie auch wegen Verstößen gegen das Heilmittelwerbegesetz, das Arzneimittelgesetz und das Medizinproduktegesetz zu belangen ist, wird noch geprüft. Der Bus kam übrigens in Pfungstadt nicht an; per Handy hatte die Frau einen Kollegen schnell zur Routenänderung veranlasst.

Info: Empfänger von Einladungen mit Gewinn- und Geschenkversprechen und Gastwirte mit zweifelhaften Reservierungsanfragen rät das Ordnungs- und Gewerbeamt des Kreises zur Vorsicht. Im Zweifel kann man sicherheitshalber im Landratsamt nachfragen (Telefon 06071/881-1333).

zurück...