Presse-Archiv 2006

Richtige Hilfe bei häuslicher Gewalt

24.11.2006

Darmstadt-Dieburg - Der Landkreis wendet jährlich rund 235 000 Euro an Fördermitteln für verschiedene Schutz- und Beratungseinrichtungen auf, um eine gute Infrastruktur für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen und Kinder zu gewährleisten. Fast 5200 registrierte Fälle von häuslicher Gewalt im Jahr 2004 und 28 Tötungsdelikte 2005 weisen die Statistiken des Landeskriminalamts für Hessen aus. 14,8 Millionen Euro kosten ärztliche Behandlung, Polizeieinsätze, Gerichtsverfahren und Arbeitsausfälle jedes Jahr in Deutschland. Beeindruckende Zahlen, die für die Kreisfrauenbeauftragte Dagmar Zeiß Anlass genug waren, die Fachberatungsstelle "Frauen helfen Frauen" in Dieburg mit der Konzeption eines Handlungsleitfadens zu betrauen. Das jetzt vorgelegte Ergebnis ist eine Broschüre, die Tipps für die richtige Hilfe bei häuslicher Gewalt gibt.

Vor dem Hintergrund, dass betroffene Frauen in einer gewaltbelasteten Situation von Zuhause fliehen und sich nicht sofort an professionelle Einrichtungen wenden, sind mit dem Leitfaden vor allem auch Verwandte, Freundinnen, Nachbarn oder Ansprechpartner in Rathäusern, bei Vereinen und Schulen angesprochen. "Die Broschüre gibt dieser Zielgruppe eine Orientierung füreinen kompetenten Umgang mit Hilfe suchenden Frauen", erklärt Dagmar Zeiß. Hilfsbereitschaft sei zwar wichtig, aber nicht jede gut gemeinte Unterstützung helfe betroffenen Frauen und Kindern auch weiter.

Die langjährigen Fachberaterinnen Lioba Wunderle und Renate Bauer von "Frauen für Frauen" geben im Leitfaden Hinweise, wie Fehler beim Erstkontakt vermieden werden können. Helfende sollten beispielsweise niemals selbst den Ort des Geschehens aufsuchen, da eine akute Gefahrensituation drohen kann. Entgegen der landläufigen Meinung, es sei gut, "sich etwas von der Seelen zu reden“, führen ausführliche Schilderungen des Erlebten häufig zu einer Traumawiederholung beim Opfer und können auch die Psyche der Helfenden negativ beeinflussen. Die Kontrolle über alle weiteren Entscheidungen sollte immer bei der Frau bleiben. Von Gewalt betroffene Frauen haben meist lange gebraucht, um einen ersten Schritt zu unternehmen. Ihnen die Fäden in guter Absicht wieder aus der Hand zu nehmen, kann bedeuten, eine Entmündigung fortzusetzen, die in der Partnerschaft an der Tagesordnung war. „Eine Solidarisierung mit dem Täter nennen wir Stockholmsyndrom", sagt Lioba Wunderle. Eine Frau, die trotz eindeutiger Hinweise auf Partnergewalt ständig signalisiere, dass alles in bester Ordnung sei, halte ihre Situation oft schon viele Jahre lang aus und sei traumatisiert.

Die Broschüre ist als Einzelexemplar in der Fachberatungsstelle für häusliche Gewalt in Dieburg (Tel. 06071 25666) und im Kreisfrauenbüro (Tel: 06151 881 1040) kostenlos erhältlich. Für Sammelbestellungen ab 5 Exemplaren wird eine Gebühr von 1,50 Euro erhoben.

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