Presse-Archiv 2006

Gersprenz Wirtschaftsprüfer soll ungescholten bleiben

Keine Haftung für falsche Testate

07.02.2006

Einen Teilerfolg hat der Landkreis vor dem Landgericht Darmstadt im Schadensersatzprozess gegen den Wirtschaftsprüfer der Seniorendienstleistung Gersprenz gGmbH bereits errungen: Grundsätzlich habe, so das Gericht, der Landkreis einen Schadensersatzanspruch in Höhe des aufgrund der falschen Bilanzen zu unrecht an die Gersprenz bezahlten Defizitausgleichs für das ehemalige Kreispflegeheim Groß-Umstadt gegenüber dem Wirtschaftsprüfer, der definitiv falsch testiert hat. Dennoch urteilte das Gericht zum Nachteil des Kreises. Dieser soll und könne sich ja erst einmal an die Gersprenz wenden. Dagegen hat der Kreis nun Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt eingelegt. „Der Wirtschaftsprüfer hat das falsche Testat erteilt, nicht die Gersprenz“, so Landrat Jakoubek.

Viel öffentliche Schelte haben die Gersprenz-Gesellschafter in der Vergangenheit einstecken müssen. Dabei hatte Landrat Alfred Jakoubek, so die Feststellungen des Anfang 2003 vom Kreistag eingesetzten Akteneinsichtsausschusses, die Gersprenz-Bilanzen selbst dann noch angezweifelt, als ein Wirtschaftsprüfer sie uneingeschränkt testiert hatte. Im Rahmen einer von Landrat Alfred Jakoubek veranlassten Sonderprüfung hat das Revisionsamt des Kreises dann festgestellt, dass am Standort in Reinheim eingesetztes Personal in Groß-Umstadt abgerechnet wurde. Auch wurde von Reinheim nicht belegbarer und nicht existierender Aufwand in sechsstelliger Höhe dem Standort Groß-Umstadt zugerechnet. Während in den Büchern für den Standort Reinheim von unbedenklichen Anlaufverlusten die Rede war, hatten sich dort massive und für die Gersprenz bestandsgefährdende Verluste angehäuft. Dieses Prüfungsergebnis des Revisionsamts wurde zunächst von unabhängigen Wirtschaftsprüfern und dann auch von der Staatsanwaltschaft bestätigt.

In Groß-Umstadt ist in den Jahren 1999 und 2000 anstelle des ausgewiesenen Verlustes von rund 150.000 € ein Gewinn von rund 180. 000 € erwirtschaftet worden. Die Differenz (330.000 €) ist in Wirklichkeit als Verlust des Standortes Reinheim entstanden. Wären die tatsächlichen Fehlbeträge in dieser Höhe und Deutlichkeit ausgewiesen worden, dann wären bei den Gesellschaftern alle Alarmglocken angegangen und sie hätten zu diesem Zeitpunkt bereits auf die Kostenbremse getreten. Da in den Büchern jedoch der Wirtschaftsprüfer nach seinen eigenen Worten „unbedenkliche Anlaufverluste“ ausgewiesen hat, bestand zunächst kein Anlass zur Sorge.

Hartnäckig hat der Landkreis nun Licht in die straf- und zivilrechtliche Seite der Gersprenz-Misere gebracht. Die Staatsanwaltschaft hat zwischenzeitlich Verstöße gegen Bilanzrecht festgestellt. Allerdings hätten Wirtschaftsprüfer und Geschäftsführer in Bezug auf den Inhalt der Bilanzen geirrt und nicht vorsätzlich gehandelt. Für den Kreis ist nicht nachvollziehbar, dass dabei nicht hinter die Fassade der Allianz zwischen Wirtschaftsprüfer und Geschäftsführer vorgestoßen wurde. Vehement hatten die beiden in Versammlungen ihre falschen Ansätze verteidigt. „So haben die beiden sich vor der Kritik geschützt, der dann im Nachhinein die Gesellschafter über Monate ausgesetzt wurden“, stellt Landrat Jakoubek fest.

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