Presse-Archiv 2008

Gemeinsam für sauberes Wasser

17.01.2008

Darmstadt-Dieburg - Mit einem Pilotptojekt wollen der Landkreis und die Farbenfirma Deutsche Amphibolin-Werke in Ober-Ramstadt die Abwasserqualität im Kreis sichern. Untersuchungen des Hessischen Landesamts für Umwelt und Geologie (HLUG) haben im Jahr 2004 ergeben, dass mehrere Fließgewässer im Landkreis wie Gersprenz, Modau oder Sandbach überhöhte Werte bei Pflanzenschutzmitteln (PSM) aufweisen. Dabei haben sich zum Teil eklatante Überschreitungen gezeigt. In der Modau wurde beispielsweise mit rund einem Mikrogramm Terbutryn pro Liter das von der EU empfohlene Qualitätsziel von 0,03 Mikrogramm deutlich überschritten. Während seiner Kreisbereisung vor zwei Jahren auf die Problematik aufmerksam gemacht, reagierte Landrat Alfred Jakoubek prompt: Im Landkreis Darmstadt-Dieburg setzten sich Vertreter von Naturschutzverbänden und -behörden, der Landwirtschaft, der Industrie und der Wasserbehörden an einen Tisch, um die Ursachen der Auffälligkeiten und mögliche Gegenmaßnahmen zu erörtern.

Obwohl es im Falle von Terbutryn noch keine festen Grenzwerte gibt, sondern nur Empfehlungen, haben der Landkreis und die Deutsche Amphibolin-Werke die Herausforderung angenommen. "Wir wollen den Sachverhalt nicht erst bis zu einer gesetzlichen Regelung aussitzen, sondern gemeinsam mit den Fachbehörden eine Lösung finden", sagen DAW-Geschäftsführer Rainer Reucker und Kreisbeigeordneter Christel Fleischmann. Terbutryn ist ein nach der Biozidproduktrichtlinie der EU zugelassener Stoff, der bei manchen Fassadenfarben eingesetzt wird, um die Hauswand vor unerwünschtem Algenbefall zu schützen. Es ist zwar für Menschen und Tiere ungefährlich, kann aber bei entsprechender Dosierung die Wasserflora beeinflussen. Um das künftig zu vermeiden, richten sich die Überlegungen bei den Deutschen Amphibolin Werken nicht nur auf Änderungen von betriebsinternen Abläufen, sondern auch auf eventuelle Nachrüstungen der Klärwerke. Um die Schadstoffe möglichst zu reduzieren, werden künftig Nachbehandlungen mit Ozon, Kohlefiltern oder anderen innovativen Systemen ins Auge gefasst.

Eine weitere Ursache für Schadstoffe ist der teilweise unsachgemäße Umgang mit Pflanzenschutzmitteln. "Hier wird offensichtlich zu sorglos mit den Stoffen umgegangen", stellt Christel Fleischmann fest. Nicht verbrauchte Pflanzenschutzmittel und Farben dürfen keinesfalls in die Kanalisation geleitet werden. Die Kläranlagen seien derzeit nicht dafür ausgerüstet, die zum Teil problematischen Stoffe zurückzuhalten, so dass diese ungehindert in die Fließgewässer gelangen.

Um gezielt Aufklärungsarbeit im Einzugsbereich besonders belasteter Kläranlagen durchführen zu können, veranlasste der Kreisbeigeordnete, dass alle 19 Kläranlagen beziehungsweise deren Ablauf auf Pflanzenschutzmittel und Pharmaka überprüft werden. Vom 11. April bis zum 12. Juni 2007 wurden in drei Abschnitten insgesamt 171 Proben genommen, um sie auf 68 mögliche PSM-Stoffe und zwölf Pharmaka zu analysieren. Bei 22 Pflanzenschutzmitteln kam es zu positiven Ergebnissen.  Pharmaka wurden in jedem Kläranlagenablauf vorgefunden - der Schmerzmittelwirkstoff Diclofenac, das Antiepileptikum Carbamazepin und der Betablocker Metoprolol. Während bei den Untersuchungsergebnissen der PSM durchaus jahreszeitliche Schwankungen feststellbar sind, werden Pharmaka aufgrund ihrer regelmäßigen Anwendung in allen untersuchten Kläranlagenabläufen relativ konstant nachgewiesen. "Eine Gefährdung für Menschen besteht indes nicht", betont Kreisbeigeordneter Fleischmann.

Konkrete Verursacher festzustellen, ist nach Aussage von Christel Fleischmann äußerst schwierig, da ein Teil der Pflanzenschutzmittel mehrere Verursacherquellen haben können. Sie werden nicht nur in der Landwirtschaft verwendet, sondern auch bei der Zierrasenpflege, bei der Entkrautung von Gehwegen, im Hausgarten und in der Industrie.

Vor diesem Hintergrund ist es dem Kreisbeigeordneten Fleischmann wichtig, die Bevölkerung über die Sachverhalte aufzuklären, um vor allem künftig mehr oder weniger unbeabsichtigtes Fehlverhalten einzudämmen. Zum Beispiel sollten Medikamentenreste sachgerecht über die Apotheke und nicht über die heimische Wasserspülung entsorgt werden. Auch sollte ins Bewusstsein rücken, welche mögliche Folgen im Umgang mit Pflanzenschutzmitteln oder Unkrautvernichtern entstehen. Ein erster Schritt wird sein, im Einzugsbereich stark betroffener Kläranlagen eine intensive Information über die Gefahren der Einleitung von PSM in die Kanalisation durchzuführen. Zusammen mit dem Amt für den ländlichen Raum und dem Regionalbauernverband sollen auch verstärkt Schulungen für Landwirte und insbesondere für Nebenerwerbslandwirte angeboten werden. Kreisbeigeordneter Fleischmann weist außerdem auf die Internetseiten des Landkreises hin: www.ladadi.de/Bauen und Umwelt/Gewässerschutz. Dort werden alle Ergebnisse der einzelnen Kläranlagen dargestellt. 

Weiterführende Links:
http://www.ladadi.de/Pflanzenschutzmittel-in-Fliessgewaessern.4889.0.html

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