Presse-Archiv 2015
Netzwerk Gewaltschutz: Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung ohne polizeiliche Anzeige
26.11.2015
Darmstadt-Dieburg - Frauen und Mädchen, in seltenen Fällen auch Männer, bleiben nach einer Vergewaltigung häufig medizinisch unversorgt, auch weil sie befürchten, dass eine andere Person über ihren Kopf hinweg eine Anzeige erstattet. Bislang war zudem eine rechtssichere Beweismitteldokumentation nur möglich, sofern die Betroffene Anzeige erstattet hatte.
Die Wissenschaftsstadt Darmstadt und der Landkreis Darmstadt-Dieburg schaffen ab November mit dem Projekt „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung ohne polizeiliche Anzeige“ im Rahmen des „Netzwerkes Gewaltschutz - Prävention und Schutz gegen häusliche und sexualisierte Gewalt an Frauen, Mädchen und Jungen“ eine wichtige Einrichtung für Menschen, denen sexualisierte Gewalt widerfahren ist.
Damit können Spuren einer Vergewaltigung nun auch ohne polizeiliche Anzeige zeitnah gerichtsfest gesichert werden, um eine eventuelle spätere Anzeige und Verurteilung zu ermöglichen, und die Opfer werden umfassend medizinisch versorgt.
Im November startet die Pro Familia e.V. als Projektträger in Kooperation mit dem Klinikum Darmstadt ein Angebot „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung ohne polizeiliche Anzeige“.
Das Angebot ist übergreifend mit dem Landkreis Darmstadt-Dieburg gestaltet und somit zugänglich für Vergewaltigungsopfer aus Stadt und Landkreis. Die betroffenen Frauen aus Darmstadt und dem Landkreis Darmstadt-Dieburg werden im Klinikum Darmstadt versorgt.
Neben der medizinischen Erstversorgung werden die Beweismittel rechtssicher dokumentiert und nach Frankfurt zum Rechtsmedizinischen Institut gesendet, wo sie ein Jahr lang aufbewahrt werden.
Barbara Akdeniz, Frauendezernentin der Wissenschaftsstadt Darmstadt und Klaus Peter Schellhaas, Landrat des Landkreises Darmstadt-Dieburg bekräftigen: „Mit diesem lebensnahen Angebot der medizinischen Versorgung und rechtssicheren Dokumentation von Beweismitteln für eine eventuelle spätere Anzeige schließen die Wissenschaftsstadt Darmstadt und der Landkreis Darmstadt-Dieburg eine Gerechtigkeitslücke. Mit dem Projekt wird nicht nur die ausreichende medizinische Versorgung sichergestellt, sondern auch die extrem hohe Dunkelziffer bekämpft.“
Denn nur 100 von 1000 Vergewaltigungen werden angezeigt. Von den angezeigten Tätern werden nur 8 verurteilt, denn die größte Gruppe der Vergewaltigten ist direkt nach der Tat nicht in der Lage oder nicht willens, die Entscheidung für oder gegen eine Anzeige zu treffen.
Das Projekt wurde auf Vorschlag der Pro Familia Darmstadt e.V. nach einer Frankfurter Idee in Darmstadt initiiert. Ergänzt und mitgesteuert wurde es durch Edda Feess, Frauenbeauftragte der Wissenschaftsstadt Darmstadt und Monika Abendschein, Leiterin des Büros für Chancengleichheit des Landkreises Darmstadt Dieburg. Die beiden ergänzen: „Wir sind froh, dass viele Partnerinnen das Projekt mittragen, beispielsweise die Plakatierung und die Werbung in den Straßenbahnen. Denn die Opfer kommen nur zu ihrem Recht, wenn dieses Angebot auch bekannt gemacht wird.“
Die Sozialstiftung des Landkreises Darmstadt-Dieburg sowie die Jubiläumsstiftung der Sparkasse Darmstadt fördern das Projekt.
Die Solidarität von Frauen drückt sich auch dadurch aus, dass die Beweismittelsicherungs-Kits und der rechtssichere Transport der Beweismittel zum Rechtsmedizinischen Institut nach Frankfurt durch eine Spende der Frauen des Soroptimist Club Darmstadt ermöglicht wurde.
Mehr Information unter www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de
Weiterführende Links:
http://www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de