Presse-Archiv 2022
Angebot für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen
Fachstelle Sichern und Wohnen
24.08.2022
Darmstadt-Dieburg – In den Kommunen des Landkreises Darmstadt-Dieburg gibt es knapp 1700 Sozialwohnungen und zusätzlich mehr als 2200 Menschen, die Ende 2021 in den Städten und Gemeinden als Wohnungsuchende gemeldet waren. Allein an diesen beiden Zahlen wird deutlich, wie groß der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ist.
Bereits zum 1. Januar 2021 ist die Fachstelle für Wohnungsnotfälle Sichern und Wohnen an den Start gegangen. Die Fachstelle Wohnungsnotfälle ist in der Kirchstraße 33 in Reinheim. Weitere Beratungsstellen befinden sich im Quartiersbüro Babenhausen sowie im Stadtbüro in Weiterstadt. .
Die Arbeit in der Fachstelle haben drei Träger gemeinsam übernommen, die viel Erfahrung in der Wohnungsnotfallhilfe haben: das Diakonische Werk Darmstadt-Dieburg, die PaSo gemeinnützige Gesellschaft für partizipative Sozialarbeit mbH und das Büro für Sozial- und Wohnberatung (BFSW). Das Angebot richtet sich an Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen sowie an Personen, die über keine gesicherte und angemessene Wohnung verfügen und bei der Wohnungssuche besonders benachteiligt sind. Bei drohendem Wohnungsverlust gilt es, schnell zu handeln und nach Möglichkeit den vorhandenen Wohnraum zu sichern. Neben der aufsuchenden Arbeit in den Not-Unterkünften der Städte und Gemeinden steht vor allem die Prävention im Fokus der Fachstelle. Vorhandene Wohnungen dauerhaft zu sichern, hat Priorität, damit Wohnungslosigkeit erst gar nicht entsteht. Die Fachstelle ist gefragt. Rund 250 Personen wurden im zweiten Halbjahr 2021 beraten, begleitet und vermittelt. Den meisten von ihnen konnte geholfen werden. Leider nicht in jedem Fall. Denn je früher die Mitarbeitenden Kenntnisse von einer angedrohten Räumung oder einer Kündigung bekommen, umso erfolgversprechender sind die Interventionen. In manchen Fällen ergeben sich sogar ganz erstaunliche Lösungen. Wie an folgenden Beispielen zu sehen ist:
Wer der älteren Menschen kennt das nicht?
In jungen Jahren wurde geheiratet, das Leben lag vor einem und die Familie stand im Mittelpunkt der Lebensplanung. Wer die Möglichkeit hatte, baute sein eigenes Haus. 50 Jahre später sieht die Lebenssituation völlig anders aus, die Kinder sind längst ausgezogen, haben ihre eigenen Familien gegründet und leben auf der Welt verstreut. Der Kontakt bleibt zwar bestehen, Besuche werden seltener, spontane Hilfe und Unterstützung für die alternde Mutter oder den Vater sind nur schwer oder gar nicht zu realisieren. Wenn dann noch der langjährige Ehepartner oder Lebenspartner verstirbt, wird es oft schwierig. Den Haushalt schafft man gerade noch so, aber es fällt einem körperlich immer schwerer. Die frühere geliebte Gartenoase kann nicht so mehr gepflegt werden, wie man es eigentlich wollte und das vertraute Heim ist nur noch Last und viel zu groß. Allein braucht man nicht mehr so viel Platz oder Fläche, am schlimmsten aber ist die Einsamkeit. Niemand da zum Reden oder die Möglichkeit, sich auszutauschen über vergangene Zeiten, verrückte Erlebnisse, oder einfach wie es damals war. So ähnlich ging es einer Frau, als sie sich an die Fachstelle Sichern und Wohnen des Landkreises wendete. Sie ging einen mutigen Schritt und bot eine komplette Wohneinheit in ihrem Haus an. Die Fachschelle schaute daraufhin sehr genau, ob es eine/n geeigneten Menschen in einer der städtischen Notunterkünfte gab. Die Auswahl fiel auf einen alleinerziehenden Vater zweier Töchter. Durch Corona hatte der selbstständige Vertriebler im Messebau sein Haus und seine Existenzgrundlage verloren. Er wurde zwangsgeräumt und geriet mit seinen Kindern in die Obdachlosigkeit. Durch das Ordnungsamt wurde er in eine Notunterkunft eingewiesen. Im Verlauf der Unterbringung konnten durch Eigeninitiative und die Unterstützung der Fachstelle diverse Probleme geklärt werden. Einem geordneten Neuanfang und einer intensiven Unterstützung bei der Wohnungssuche seitens der Fachstelle lag nun nichts mehr im Wege. In diesem Zuge folgte ein erstes ausführliches Kennenlernen mit der Frau in ihrem Haus, an dem auch ihre Tochter teilnahm. Schnell bemerkten alle Beteiligten, dass die Chemie stimmte und der Mann mit seinen Kindern in die angebotene Wohnung einziehen durfte.
Anfang September 2021 war es dann so weit. Der Mann renovierte die Wohnung und zog mit seinen Kindern in das Haus der Frau. „Heute, nach einem guten Jahr können wir erfreulicherweise sagen, dass hier ein gutes Team entstanden ist. Der Mann kümmert sich um den Garten und erledigt kleinere Reparaturarbeiten am Haus. Wenn notwendig macht er Einkäufe oder fährt die Frau zum Arzt. Manchmal wird gemeinsam gekocht und gegessen. Das schönste Geschenk –so die Frau- wäre jedoch, dass wieder „Leben in der Hütte“ ist und sie überraschend zweifache Oma geworden ist - Vereinsamung ausgeschlossen. Ein Gewinn für beide Seiten! Dieses Beispiel hat die Fachstelle inspiriert, zukünftig noch weitere generationsübergreifende Wohnmodelle zu initiieren“, erläutert Gabriele Kühnle, Leiterin des Sozialamtes des Kreises, bei dem die Fachstelle angebunden ist.