Presse-Archiv 2023

Kichererbsen-Anbau in der Ökomodell-Region Süd

Nach der Ernte: Der Lernprozess geht weiter

02.10.2024

Kichererbsen-Ernte in Otzberg: Der Ertrag war überschaubar, aber die gewonnenen Erkenntnisse sind wertvoll für den Fortgang des Projekts. Foto: Johannes Böhm

Darmstadt-Dieburg. Ende August war der hessische Landwirtschaftsminister Ingmar Jung zu Gast auf dem Kohlbacher Hof, der außerhalb von Ober-Klingen liegt. Jung übergab dort Fördermittel aus dem Hessischen Ökoaktionsplan in Höhe von 95.000 Euro an den Ersten Kreisbeigeordneten und stellvertretenden Landrat Lutz Köhler. Das Geld wird von der Ökomodell-Region Süd verwendet für das Entwicklungsprojekt „Hier bin ich! Kann die Kichererbse in Südhessen heimisch werden?“. Eine eindeutige Antwort auf diese Frage kann Johannes Böhm auch nicht geben, nachdem er hat auf dem Kohlbacher Hof inzwischen die Kichererbsen geerntet hat. Aber einige Erkenntnisse hat er gesammelt. „Es gibt immense Sortenunterschiede“, stellt er fest, „auch im Ertrag.“

Eine Fläche von 2,5 Hektar hatte er im Mai ausgesät und dafür etwa 230 Kilo pro Hektar an Saatgut benötigt. Die schlechteste Sorte kam bei der Ernte jetzt nur auf etwa 60 Kilo pro Hektar, die besten Sorten auf etwa 230 bis 250 Kilo pro Hektar an Ertrag. Kein gutes Ergebnis. Allerdings ist das Projekt auch dazu da, um zu lernen. Und aus den Erkenntnissen dieses Jahres will Johannes Böhm seine Schlüsse ziehen, denn: „Ein Jahr ist kein Jahr“, sagt er, „es muss weitergehen.“ Eventuell könnte der enttäuschende Ertrag – vorgestellt hatte sich Böhm eine Ernte von etwa 500, 600 Kilo bis hin zu einer Tonne pro Hektar – am Standort für die Kichererbsen gelegen haben, mutmaßt er. „Dort war immer Wasser vorhanden“, sagt er. „Ich glaube, dass die Kichererbse durchaus mit weniger zufrieden ist.“ Schließlich sei die Frucht karge Böden in Vorderasien gewohnt. Erträge von bis zu drei Tonnen pro Hektar seien möglich.

Auch der Zeitpunkt der Aussaat müsse eventuell etwas früher sein, erklärt Johannes Böhm. „Damit in der Hauptwachstumsphase die Schotenfüllung besser verläuft“, sagt er. Nun, da die Früchte gereinigt und getrocknet seien, sehen sie gut aus. „Aber sie sehen halt noch lange nicht aus wie die, die ich im Supermarkt kaufen kann. Die sehen prall aus, meine noch nicht“, sagt er. Aber es gelte ja, Erfahrungen zu sammeln, damit sie irgendwann auch in Südhessen so geerntet werden können, dass sie so aussehen, wie die im Supermarkt. Denn das Ziel ist es ja, irgendwann auch hier regionale Abnehmer für die Kichererbse zu finden, um eben die regionale Wertschöpfung zu haben, die ja Ziel der Bemühungen der Ökomodell-Region ist. „Bis dahin lerne ich für mich und für die Ökomodell-Region“, sagt Johannes Böhm. Mit den Fördermitteln des Landes werden auch seine Verluste ausgeglichen.

Was mit der diesjährigen Ernte passiert, steht noch nicht genau fest. Eventuell findet sich ein Gastronom oder ein Händler, der sie abnimmt. Oder sie wird wieder Saatgut im kommenden Jahr.  Denn gerade im Hinblick auf den Klimawandel könnte die Kichererbse eine Altarnative zum klassischen Anbau von etwa Kartoffeln oder Zuckerrüben werden. „Wenn man sich die Jahre 2018 bis 2020 mal anschaut, die waren staubtrocken“, sagt Johannes Böhm. Da hätte die Kichererbse bessere Bedingungen vorgefunden als in diesem Jahr. „Das war sehr nass mit wenig Sonnenstrahlung“, sagt Johannes Böhm. Damit auch Berufskollegen von den Erfahrungswerten profitieren, dokumentiert Böhm ebenso wie die anderen Höfe im Landkreis Darmstadt-Dieburg - in Ober-Ramstadt und Klein-Zimmern - den Anbau durch Fotos, Videos und das Führen eines Feldtagebuchs. Ansprechpartnerinnen bei der Ökomodell-Region sind für ihn Alexandra Hilzinger (Kreis Darmstadt-Dieburg) und Sylvia Barrero-Stadler (Odenwaldkreis).  

Eine Nachfrage nach Kichererbsen gibt es jetzt schon: „Es haben schon zig Leute angerufen, die Kichererbsen kaufen wollten“, sagt Böhm. Da standen die Hülsenfrüchte aber noch auf dem Feld. Nun bekommen die Leute einen Rückruf.

Für den Ersten Kreisbeigeordneten Lutz Köhler ein wichtiges Signal. „Ziel des Projekts ist es ja, neue Absatzwege für südhessische Landwirtschaftsbetriebe zu entwickeln, die auch angesichts des Klimawandels zukunftsfähig sind“, sagt er. „Deshalb ist eine Nachfrage schon mal ein gutes Zeichen. Und ich bin mir sicher, dass wir mit der Erfahrung, die wir bereits sammeln konnten, Schritt für Schritt besser darin werden, die Kichererbse auch in der Ökomodell-Region Südhessen etablieren zu können.“ Für ihn als Landwirt, erklärt Johannes Böhm, sei die Kichererbse auch eine Möglichkeit, die Risiken für seinen Betrieb besser zu verteilen – eben, wenn es wieder zu solch trockenen Jahren kommen sollte wie von 2018 bis 2020.   

tb

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