Presse-Archiv 2023

Hochbelastete Kinder und Jugendliche

Mit Kreativität Lösungen finden, um Kindern zu helfen

10.07.2024

Darmstadt-Dieburg. Die Arbeit mit hochbelasteten Kindern und Jugendlichen ist nicht nur für jeden Betroffenen wichtig, sondern auch für die Gesellschaft. Das betonen die Fachbereichsleiterin vom Sozialen Dienst im Jugendamt des Landkreises Darmstadt-Dieburg, Anne-Marie Eitel, und Doreen Fritz, die Vorsitzende der AG §78 für freie Träger der Jugendhilfe mit Nachdruck: „Es ist sehr erfüllend zu beobachten, wie junge Menschen sich entwickeln“, sagt Eitel. „Die Kinder haben einen Schatz in sich, wenn wir den bergen können, dann kann das Freude machen, dann ist das eine schöne Arbeit.“ Hochbelastete haben oft schlimme Erfahrungen hinter sich, etwa körperliche oder sexuelle Gewalt, Demütigung, Vernachlässigung oder familiäre Belastungen wie den Verlust einer Bezugsperson.

Und die Anzahl der Fälle nimmt zu: 2023 registrierte das Jugendamt 577 sogenannte Gefährdungsmeldungen, bis zum 24. Juni 2024 waren es schon 410. Die Zahl vom vergangenen Jahr dürfte also übertroffen werden. Diesen Gefährdungsmeldungen muss sofort nachgegangen werden, manchmal enden sie in einer Inobhutnahme – das Kind wird aus der Familie genommen und in einer Pflegefamilie oder einer Heimeinrichtung untergebracht. 2023 gab es 210 dieser Inobhutnahmen im Kreis, 2024 waren es schon 129. Also dürfte auch hier die Zahl des vergangenen Jahres übertroffen werden.

Das Problem ist nur: „Wir haben viel zu wenige Plätze, um die Kinder unterzubringen“, sagt Anne-Marie Eitel. Bis zu 12 Kinder können pro Einrichtung untergebracht werden. Mehr geht kaum, weil es „herausfordernd“ sei, die oft verhaltensauffälligen Kinder und Jugendlichen zu betreuen. „Wir brauchen etwa 80 bis 100 Anrufe, um ein Kind unterzubringen“, erklärt Eitel. „Das ist Alltag im Jugendamt.“

 Hinzu kommt, dass es zunehmend schwierig wird, Fachkräfte für die Betreuung der Kinder in den Einrichtungen zu finden. „Wie bekommen wir Personal, das zum Teil 24-Stunden-Schichten und das Klientel mitmacht?“ sei laut Doreen Fritz dann auch eins der Themen beim jüngsten Fachtag im Kreishaus gewesen, bei dem unter der Überschrift „Hochbelastete Kinder und Jugendliche – wer stört muss weg, oder wie begleiten wir individuell, kraftvoll, kreativ“ mehr als 80 Teilnehmer von Jugendamt, Sozialer Dienst und den Trägern zusammengekommen waren, um sich auszutauschen. „Die Mitarbeiter waren sehr dankbar, mal den direkten Kontakt zu haben und sich auszutauschen“, sagt Fritz. Das senke die Hürden beim Netzwerken.

Und Netzwerke werden angesichts der Lage immer wichtiger, um den Kindern zu helfen. „Sonst tauchen diese Menschen später in anderen Systemen auf“, erklärt Fritz. Der Fachtag sei auch wichtig gewesen, um die Mitarbeiter motivieren zu können, trotz der Umstände weiter mit Spaß und Engagement bei der Sache zu sein. Es ist ein schmaler Grat, denn bei aller Kreativität darf auch die Qualität nicht absinken und die gesetzlichen Vorgaben der Jugendhilfe müssen eingehalten werden. Die Ergebnisse der Gruppenarbeiten werden bei einem weiteren Termin der AG §78 im September besprochen.

„Es ist beeindruckend, wie die Mitarbeiter bei den Trägern und bei uns im Kreis ihre Aufgabe angehen“, sagt Sozialdezernentin und Kreisbeigeordnete Christel Sprößler. „Mit viel Engagement arbeiten sie mit Kindern und Jugendlichen, um ihnen neue Chancen zu eröffnen. Netzwerkarbeit ist dabei wichtig, deshalb freue ich mich, dass der Austausch weitergeht.“

tb

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