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Tiergestützte Intervention
Landkreis unterzeichnet Vereinbarung mit BHZ Roßdorf
05.02.2025
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Mit Tieren wie Ponystute Coby wird der Landkreis nun als Teil seiner Eingliederungshilfe im BHZ Roßdorf Kindern im Vorschulalter helfen. Unser Bild zeigt von links Daniela Rothstein, Geschäftsführerin des BHZ Roßdorf, Caroline Quick, Sozialpädagogin in der Einrichtung, sowie Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin Christel Sprößler. Foto: Ladadi
Darmstadt-Dieburg. Für Coby war es ein anstrengender Tag. Das kleine Pony lässt sich anstandslos von Sozialpädagogin Caroline Quick in seine Koppel zurückführen. Feierabend. Kraft sammeln für die spannenden Aufgaben, die auf die Stute und ihre 26 tierischen Kollegen – Kaninchen, Hühner, Kois, Vögel, Schafe und Alpakas – im BHZ Soziale Dienste GmbH in Roßdorf zukommen. Denn an diesem Tag hat der Landkreis Darmstadt-Dieburg eine Vereinbarung mit der Einrichtung unterschrieben, um nach einer knapp zweijährigen Projektphase die sogenannte tiergestützte Intervention als festen Bestandteil der Eingliederungshilfe zu etablieren. „Das ist ein ganz moderner Ansatz“, erklärt Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin Christel Sprößler, „und wir sind froh, dass wir dieses individuelle Entwicklungs- und Förderangebot nun für Kinder im Vorschulalter dauerhaft anbieten können.“
„Unser Angebot der tiergestützten Intervention richtet sich an behinderte, schwerstbehinderte oder schwerstmehrfachbehinderte oder von einer Behinderung bedrohte Kinder, die noch nicht eingeschult sind“, erklärt Gabriele Kühnle, Leiterin des Fachbereichs Soziales und Teilhabe beim Landkreis. Dabei werden Tiere in Gesundheitsfürsorge, Pädagogik und Soziale Arbeit einbezogen und integriert, um therapeutisch, pädagogisch oder sozial relevante Verbesserungen zu erreichen. „Die Tiere sollen ein Hilfsmittel beziehungsweise ein Türöffner sein, um Kinder, die schwer bis kaum zugänglich sind, für heilpädagogische Maßnahmen empfänglich zu machen“, sagt Kühnle. Letztlich werde so die Teilhabechance der Kinder verbessert. „Und das ist ja unser gesetzlicher Auftrag“, sagt Kühnle.
Der Vereinbarung ging eine Evaluation mit neun Kindern von April 2022 bis Dezember 2024 voraus, aus der klar hervorging, dass das Modell Erfolge gezeigt hatte. Ziele waren dabei unter anderem die Empathie der Kinder zu steigern, sich in Gruppen zurecht zu finden, Einhaltung von Regeln oder Impulskontrolle. „Wir haben geschaut, ob es sich lohnt“, sagt Christel Sprößler, „und es hat sich gelohnt. Wir sorgen mit dieser Leistung auch dafür, dass andere Leistungen nicht erforderlich sind oder werden. Wir arbeiten in diesem Sinne also auch wirtschaftlich.“
„Die Tiere sind nicht voreingenommen, die Begegnung ist vollkommen wertneutral. Sie sind ein gutes Medium, um Beziehungen aufzubauen“, erklärt Daniela Rothstein als Geschäftsführerin des BHZ Roßdorf. Dabei wird aber genau darauf geachtet, dass sowohl die Kinder als auch die Tiere sich wohlfühlen. Je nach Diagnose des Kindes wird ein geeignetes Tier ausgesucht. So können bei ängstlichen Kindern schon Kaninchen zu viel sein. Fische wie die Kois können hingegen gut beobachtet werden, ohne ihnen zu nahe zu kommen. „Sie reagieren etwa auf ein Trampeln auf der Brücke über dem Teich“, sagt Caroline Quick, „das mögen die Kinder sehr gerne.“ Bei einem Rundgang zu Beginn der Intervention wird festgestellt, wie die Kinder auf die Tiere reagieren. Aber auch die Tiere müssen nichts tun, was sie nicht wollen. „Ihre Grenzen werden geachtet“, sagt Daniela Rothstein. Deshalb hat Coby an diesem Tag auch schon Feierabend, auch wenn es erst früher Nachmittag ist. „Wir achten sehr auf das Tierwohl“, sagt die Geschäftsführerin, „Ethik ist für uns ein großes Thema.“ Wer das BHZ unterstützen möchte, kann eine Tierpatenschaft übernehmen. Auch Christel Sprößler hat bereits eine übernommen, für ein Alpaka.
„Wir haben mit dem Landkreis nun einen Partner gefunden, der den Mut hat anzuerkennen, dass die Arbeit mit den Tieren zielführend und erfolgreich ist“, sagt Rothstein: „Für uns ist es wertvoll, dass der Kreis die tiergestützte Intervention aus fachlicher Sicht so bewertet wie wir.“ Für den Landkreis wiederum gehe es darum, seinen gesetzlichen Auftrag so gut es gehe zu erfüllen, sagt Christel Sprößler. „Und die Evaluation hat ja über einen langen Zeitraum gezeigt, dass die tiergestützte Intervention Erfolge bringt. Und jeder Erfolg ermöglicht einem Kind wieder ein Stückweit, am schulischen und gesellschaftlichen Leben ohne Ängste teilzunehmen.“ Wenn Coby nur wüsste, was ihre Arbeit bewirkt – sie würde den Feierabend nochmal mehr genießen.