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Ehrung für Ludwig Pfeifer

Aschaffenburg benennt Straße nach ehemaligem Dieburger Landrat

24.06.2024

Die Pfeiferstraße in Aschaffenburg ist jetzt dem ehemaligen Dieburger Landrat Ludwig Pfeifer und dessen Bruder Adam gewidmet. Foto: Dr. Joachim Kemper

Darmstadt-Dieburg. Die Pfeiferstraße im bayerischen Aschaffenburg ist am 10. Juni mit einer einstimmigen Entscheidung des Stadtrats auf den Landrat des ehemaligen Landkreises Dieburg, Ludwig Pfeifer, und dessen Bruder Adam umgewidmet worden. Der Stadtrat hatte entschieden, dass die Ehre eines Straßennamens dem bisherige Namenspatron Valentin Pfeifer aufgrund seines Handelns in der Zeit des Nationalsozialismus als nicht länger ehrwürdig angesehen wird. In einem umfangreichen Beteiligungsprozess waren in der Folge die beiden Brüder Adam und Ludwig Pfeifer für eine Umwidmung der Straße vorgeschlagen worden. Eine umfangreiche Archiv- und Quellenrecherche zu den beiden Brüdern konnte diesen Vorschlag untermauern. „Wir freuen uns sehr, dass Ludwig Pfeifer und seinem Bruder nun diese Ehre in Aschaffenburg zuteilwird“, sagt Landrat Klaus Peter Schellhaas. „Ludwig Pfeifer hat den Grundstein für unsere moderne Kreisverwaltung gelegt. Ohne ihn hätte der Landkreis im östlichen Teil heute ein anderes Gesicht.“

Der für das Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg zuständige Referent, Bürgermeister Eric Leiderer, weist in diesem Kontext auch darauf hin, dass „im Verlauf der Straßennamen-Untersuchung alle personenbezogenen Straßennamen im digitalen Stadtlabor Aschaffenburg 2.0 beschrieben werden konnten.“ Leiderer weiter: „Biographien zu allen Namensgeberinnen und Namensgebern der Straßen sind jetzt abrufbar. Von den sieben Straßen, deren Namensgeber anhand unserer Kriterien als nicht mehr ehrwürdig betrachtet werden, konnten sechs umgewidmet werden; dies bedeutet, dass der Straßenname erhalten bleiben kann, was den Anwohnern letztlich Kosten und Mühen erspart.“ Die Pfeiferstraße findet sich unter aschaffenburgzweinull.stadtarchiv-digital.de/pfeiferstrasse.

1958 wurde Ludwig Pfeifer zum Nachfolger des im Amt verstorbenen Dieburger Landrats Franz Gruber gewählt. Unter Pfeifers Ägide wurde sowohl das Kreishaus in Dieburg um einen Neubau erweitert als auch das Schulwesen neu geordnet. Ganze neun Mittelpunktschulen, die den Namen seines Amtsvorgängers tragende Kreisberufsschule und ein Schullandheim im oberhessischen Lauterbach ließ er einrichten. Auch der Neubau des Kreiskrankenhauses in Groß-Umstadt entstand in seiner Amtszeit. Der überzeugte Demokrat kam am 26. September 1970 bei einem Verkehrsunfall auf der Bundesstraße 26 bei Altheim mit 62 Jahren ums Leben. Auch in Zeilhard und Sickenhofen sind Straßen nach Ludwig Pfeifer benannt.

Pfeifer wurde 1908 im heutigen Offenbacher Stadtteil Bieber geboren und begann nach seiner Schulzeit eine kaufmännische Ausbildung. Er wechselte jedoch den Beruf und schloss 1929 eine Ausbildung zum Polizeioffizier ab. Aufgrund seiner SPD-Mitgliedschaft wurde er 1933 auf Grundlage des Paragrafen 4 des sogenannten „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aus dem Polizeidienst entlassen. Er hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und schloss sich zusammen mit seinem Bruder Adam dem lokalen Widerstand gegen die NS-Machthaber an. 1936 wurden beide beim Verteilen von Flugblättern verhaftet und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einem halben Jahr Untersuchungshaft verurteilt, der sich für Ludwig noch eine einjährige und für Adam eine zweijährige Gefängnisstrafe anschloss. Aufgrund dessen als „wehrunwürdig“ eingestuft, blieb den Brüdern zunächst die Einberufung zur Wehrmacht erspart. Allerdings wurden sie 1942 in die berüchtigte Strafdivision 999 eingezogen, die aus ehemaligen politischen Häftlingen zusammengestellt worden war. Adam fiel 1943 bei Kämpfen in Nordafrika, während Ludwig dort in amerikanische Kriegsgefangenschaft geriet, aus der er 1945 nach Deutschland zurückkehrte. Er trat in die Dienste des Landkreises Offenbach, wo er als Kreisoberverwaltungsrat bis zum Leiter der Kreiskasse aufstieg, bis er schließlich Landrat im Landkreis Dieburg wurde. Der Landkreis Dieburg verschmolz am 1. Januar 1977 mit dem Landkreis Darmstadt – ohne die Stadt Darmstadt - zum Landkreis Darmstadt-Dieburg.

tb

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